Filmfest 2019
Zwischen Trump und Teufel
Wie jedes Kind weiß, liegt drüben am anderen Ende des großen Teiches ein wundersames, weites und angeblich auch besonders freies Land namens Amerika. Und man könnte sagen: Die Beziehungen zwischen Amerika und Deutschland sind diplomatisch gut seit Ende des zweiten Weltkrieges. Doch seitdem Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, widmet sich gefühlt jede zweite deutsche Talkshow dem Thema: Was ist eigentlich los da drüben?
Auch das Münchner Filmfest befasst sich mit dem Thema: Zwei Dokumentationen über Amerika, die sich besonders lohnen, wollen wir hier vorstellen. Es geht um Hail Satan? und The Brink.
Schwarze Rituale für den guten Zweck
Der Satanismus hat mit einigen Klischees zu kämpfen. Doch wer nun darauf hofft, bei Hail Satan? einen Doku-Splatter zu sehen mit Menschenopfern und Sektenjüngern, die an die Existenz des leibhaftigen Teufel glauben, wird enttäuscht sein. Der Film zeigt einen Satanismus, der sich als politischer Aktivismus gegen christlichen Konservatismus und Fundamentalismus und für Offenheit und Vielfalt versteht.
Hail Satan? schafft es vielleicht nicht, alle Fragen zu beantworten, die sich stellen, und kann nur einen sehr engen thematischen Rahmen abstecken. Jedoch scheint der Film auch einen anderen Fokus zu haben. Er räumt mit den gängigen satanistischen Klischees auf und prangert die rechten Christen an. Und auch wenn man am Ende skeptisch bleibt, auch weil der Film stellenweise wie ein Werbevideo für den Satanic Tempel wirkt: Hail Satan? ist ein interessanter Film geworden, der mehr über das moderne Amerika verrät, als einige vielleicht wahrhaben wollen.
Die Bastion Bannon
In The Brink folgen wir Steve Bannon, dem ehemaligen Chefredakteur des rechten Nachrichtenportals Breitbart und einem der Beteiligten an der 2016 Wahlkampfkampagne von Donald Trump. Man ist ganz nah dabei, wie Bannon nach seinem Rausschmiss aus dem Weißen Haus rechtspopulistische Mehrheiten in Europa organisiert, wie er republikanische Kandidaten für die Midterm Elections pusht, aber auch wie viel er liest und dass er tatsächlich witzig und ironisch sein kann. Oft als Strippenzieher geächtet und als das rechte Mastermind verschrien, welches hinter dem Sieg von Donald Trump steckt, hört und liest man zwar oft über Bannon, doch einen so direkten Einblick in sein Schaffen gab es vor diesem Film noch nicht.
Der Film konzentriert sich auf Bannons alltägliche Arbeitsweise. Seine zahlreichen Filme und wie er sich seine politischen Ideen in der praktischen Umsetzung vorstellt, wird höchstens nebenbei gestreift. Das ist zwar schade, aber der Blick auf die Person Steve Bannon ist doch zu interessant, um das wirklich zu bedauern. In der Presse wird Bannon oft zu einer Art schwarzer Eminenz des Rechtspopulismus erhoben, während The Brink ihn als passionierten Strategen darstellt.
Amerika und darüber hinaus
Beide Dokumentationen schärfen unser Bild von Amerika und weisen gleichzeitig auch noch darauf hin, dass die Probleme, die angesprochen werden, sich nicht auf die Grenzen der nordamerikanischen Nation beschränken. Der Satanic Tempel errichtet nun überall auf der Welt Kapellen, in denen sich Interessierte organisieren und für die Trennung zwischen Kirche und Staat kämpfen können. Parallel dazu tourt Steve Bannon durch Europa, um eine Allianz von Rechtspopulisten zu schmieden: Von Le Pen in Frankreich über Salvini in Italien bis hin zu ähnlich Gesinnten aus Deutschland, Dänemark, Schweden, etc.
Hail Satan? und The Brink sind zwei Dokumentationen geworden, die entzaubern, klarstellen und sichtbar machen. Und haben somit genau das geschafft, was gute Dokumentationen ausmacht.
„Hail Satan?“ läuft noch am 2. Juli um 16:30 Uhr im Kino Münchner Freiheit, sowie am 4. Juli um 15:00 Uhr im Filmmuseum. Wer sich „The Brink“ noch anschauen möchte, kann das am 6. Juli um 14:00 Uhr im Kino Münchner Freiheit tun.