Klimawandel
Zum Dahinschmelzen
Grönland verliert mehrere Milliarden Tonnen Eis
Während die Münchner zwischen Hagelstürmen und Regengüssen noch immer auf den späten Eintritt des Sommers warten, spielt sich in Grönland etwas ganz anderes ab. Letzte Woche sind dort innerhalb eines Tages mehr als zwei Milliarden Tonnen Eis geschmolzen – das entspricht in etwa zwei Dritteln des Starnberger Sees.
Der Eisschild auf dem Festland Grönlands schrinkt jährlich um ungefähr 300 Gigatonnen. Die Schmelze an sich ist also kein Grund zur Panik. Dass sie aber dieses Jahr so früh beginnt, sei laut dem DMI (Danish Meteorological Institute) ungewöhnlich. Zudem ist fast die Hälfte der Fläche Grönlands von der akuten Eisflucht betroffen. Auf Twitter sorgte ein Diagramm, welches das erschreckende Ausmaß des Phänomens dokumentierte, für Aufruhr.
2019: Rekordschmelze ist möglich
So ganz überraschend war das große Tauen aber nicht. Es gab entsprechende Vorhersagen der Wetterdienste, innerhalb einer Woche stieg die Temperatur in manchen Teilen Grönlands um 20 Grad. Und auch ein Präzedenzfall ist bekannt: 2012, vor sieben Jahren, hat die Schmelze ähnlich früh begonnen. Trotzdem befürchten Expert*innen, dass die Schmelzsaison 2019 einen neuen Negativrekord aufstellen wird.
Dieses Phänomen ist besonders besorgniserregend. Die Zahlen sprechen nämlich nicht dafür, dass es sich um eine Ausnahme handelt: In den letzten Jahren ist in Grönland sowohl die durchschnittlich getaute Eismenge rapide gestiegen, als auch der Beginn der Schmelzsaison immer weiter vorgerückt. Beides deutliche Zeichen für einen Einfluss des Klimawandels auch auf den grönländischen Eisschild. Und für viele Insel- und Küstenregionen ist es überlebenswichtig, dass dieses Eis da bleibt, wo es ist: auf dem Festland, bestenfalls in gefrorenem Aggregatzustand. Würde das komplette Grönland-Eis schmelzen, wäre mit einem Anstieg der Meeresspiegel um sieben Meter zu rechnen.
Ein Teufelskreis
Leider ist die Schmelze dank der sogenannten „Eis-Albedo-Rückkopplung“ ein Teufelskreis. Eis oder gefrorener Schnee reflektieren Sonnenlicht besser als Schmelzwasser. Sobald es taut, wird also automatisch mehr Wärme gespeichert. Dadurch taut das Eis also automatisch noch mehr, und schon entsteht die Rückkopplung.
Großartige Reaktionen zum großen Eisschmelzen gab es in Politik und Gesellschaft bislang aber noch nicht. In vielen Städten in Deutschland und Österreich aber nahmen Mitglieder*innen der FridaysForFuture-Bewegung die Megaschmelze zum Anlass, einen Ausruf des Klimanotstandes zu fordern.