Reportage - Igel Auffangstation
Zu leicht für den Winter
Igel halten wie viele anderen Tiere auch einen Winterschlaf ab. Doch um nicht zu erfrieren, müssen die stachligen Waldbewohner ein ordentliches Körpergewicht erreichen. Die meisten Igel in Bayern sind aber durch den Klimawandel und andere menschliche Umwelteinflüsse zu Beginn der Wintersaison meistens noch nicht für das Überwintern bereit. Die Wildtierstation des Münchner Tierheims arbeitet auf Hochtouren, aber auch Privatpersonen können helfen.
Ob im Wald oder im eigenen Garten – Igel sind nicht wegzudenken aus der bayerischen Natur. Das könnte sich aber bald ändern, denn die Population der Igel geht stetig zurück. Wissenschaftler:innen sehen das Tier vom Aussterben bedroht und vermuten, dass Igel im Jahr 2050 gänzlich aus unserer Landschaft verschwinden könnten. Grund dafür ist, dass zum einen der Lebensraum für die stachligen Insektenfresser immer kleiner und unbewohnbarer wird, zum anderen erschwert der Klimawandel den Igeln die Vorbereitung auf den Winter.
Das Gewicht ist entscheidend
Jacek ist Mitarbeiter des Tierheims München, der im Winter Igel für den Winterschlaf vorbereitet. Er erzählt, dass das Tierheim in der Regel bis zu 1000 Igel pro Jahr aufnimmt, vor allem in der Zeit zwischen August und Dezember. Meistens kämen Privatpersonen vorbei, die einen kranken oder schwachen Igel gefunden haben, und zwar bis zu 20 pro Tag. Die Wildtierstation hat aber nur eine begrenze Raumkapazität und Anzahl an Kisten für die Igel. Jacek erklärt, dass bei der Aufnahme das Gewicht zählt: “Aktuell nehmen wir generell alles unter 400 Gramm an, weil es jetzt schon wirklich kalt ist. Theoretisch brauchen die Igel 500 Gramm, also mindestens 500 Gramm zum Winterschlaf und was dramatisch darunter ist, nehmen wir auf.”
Der Klimawandel bringt Igel durcheinander
Igel, die auf der Wildtierstation des Tierheims München versorgt werden, haben nicht das entsprechende Gewicht, um überwintern zu können. Manche wiegen gerade mal 50 Gramm, wenn sie bei der Auffangstation abgegeben werden. Tierpflegerin Anka, die in der Wintersaison überwiegend auf der Wildtierstation des Münchner Tierheims tätig ist und Igel aufpäppelt, sieht den Menschen in der Verantwortung für dieses Problem. Der menschengemachte Klimawandel bringe den natürlichen Jahresrhythmus der Igel durcheinander: “Die Igelmamas denken: ‘Ah, es ist noch so schön warm!’ und kriegen die Babys, viel zu spät im Jahr. Die schaffen es dann einfach nicht mehr mit dem Gewicht zum Winter zu kommen.” Viele junge Igel seien demnach noch im November auf Futtersuche, die sich wegen der kalten Witterung zum Jahresende hin immer schwerer gestaltet.
Gärten – besser “unordentlich” als aufgeräumt
Besonders im Herbst fällt üblicherweise viel Gartenarbeit an, weil die Bäume nach und nach ihre Blätter verlieren. Das viele Laub im Garten ist aber gerade für Igel aus mehreren Gründen wichtig. Blätter und Äste im Garten bieten Igeln hervorragende Versteckmöglichkeiten und ein Zuhause für Insekten, die Igeln wiederum besonders gut schmecken. Anka plädiert deshalb für naturbelassene Gärten: “Man braucht Bäume, man braucht Sträucher, man braucht Totholz, damit sich Insekten wohlfühlen. Und da, wo die Insekten sind, sind auch die Igel.”
Wenn ihr selber in einem Park, im Wald oder bei euch im Garten einen hilfsbedürftigen Igel findet, dann könnt ihr die Wildtierstation des Münchner Tierheims unter 089 9210000 erreichen.