Qualzucht bei Hunden
Wenn das Aussehen zur Qual wird
Rassehunde sind begehrt. Für viele Menschen sind bestimmte äußere Merkmale das ausschlaggebene Argument zum Kauf. Leider sprechen gerade die aber nicht immer für die Gesundheit des Tieres.
Runde Knopfaugen, flauschiges Fell und ein niedliches Gesicht. Immer mehr Menschen, darunter zahlreiche Influencer: innen, sind entzückt von den kleinen Hündchen. Die Rede ist von der Rasse des Zwergspitzes, besser bekannt als Pomeranian. Und zugegeben: Gerade vor der Kamera machen sich die Vierbeiner ausgezeichnet – ein süßes kleines Wattebausch. Vielen ist dabei nicht bewusst, dass das Aussehen des Pomeranian aufgrund seiner geringen Körpergröße und dem geringen Gewicht auf einer Qualzucht beruht.
Als Qualzucht werden solche Hunde bezeichnet, bei denen bestimmte krankhafte Merkmale den Tieren bewusst angezüchtet werden, damit sie den Vorstellungen der Besitzer:innen noch mehr entsprechen. Die Hunde werden als modisches Accessoire oder als Statussymbol missbraucht. Viele Menschen sind bereit, große Summen an Geld für besonders begehrte Rassen zu zahlen. Nicht selten legen Käufer:innen mehrere tausend Euro auf den Tisch, um den Hund ihrer Träume zu kaufen – oder den, der am besten zu ihrer Handtasche passt. Tiere aus einer Qualzucht haben oft ihr ganzes Leben lang mit gesundheitlichen Einschränkungen zu kämpfen.
Per Gesetz sind Zuchten, bei denen Schäden, Leiden oder Schmerzen bei den betreffenden Tieren entstehen können, gem. § 11b Tierschutzgesetz verboten. Problematisch ist in vielen Fällen allerdings die Nachweisbarkeit solcher Gesetzesverstöße, weil es oft nicht einfach ist, Qualzuchten objektiv zu bestimmen. Das Anzeigen von Züchtern endet meist in langen komplizierten Verfahren, sodass es bisher noch kein Gesetz gibt, das gesundheitlich bedenkliche Zuchtmethoden wirksam untersagt.
Neben dem Pomeranian gibt es noch eine ganze Reihe weiterer beliebter Hunderassen, die Probleme haben.
Brachyzephalie
Als besonders populäres Beispiel wird hierbei gerne der Mops angeführt, da er aufgrund seiner angezüchteten Kopfform vielen medizinischen Risiken ausgesetzt ist. Ein Krankheitsbild, das unter dem Begriff Brachyzephalie zusammengefasst wird. Nicht selten führt das Äußere des Mopses zu Atemproblemen, Schwergeburten oder sogar Gehirntumoren. Und das ist nur der Anfang. Die Liste an möglichen Erkrankungen geht noch viel weiter.
Korkenzieherschwanz
Andere Hunderassen werden mit einem Korkenzieherschwanz gezüchtet, der auf eine Verkrüppelung der Wirbelsäule zurückzuführen ist. Solche Rassen sind zudem auch oft zwergwüchsig, wobei die Hauptsymptome sich in Rückenschmerzen, Organverschiebungen, Verdauungsproblemen, im schlimmsten Fall sogar Lähmungen äußern. Besonders bei Dackeln ist diese Symptomatik verbreitet. Ebenso bei der französischen Bulldogge und dem Welsh Corgi, der Lieblingsrasse Elisabeths II.
Das Merle Gen
Ein drittes, sehr verbreitetes Qualzucht-Merkmal ist die optische Ausprägung des sogenannten Merle-Gens. Hunde, die mit diesem Gen gezüchtet wurden, weisen in der Regel eine blau-graue Fellaufhellung sowie teilweise ein oder zwei hellblaue Augen auf (Blue-Dog-Syndrom). Auf den ersten Blick wirkt die Fellzeichnung liebenswert und süß; so auch das gefleckte Fell des Australian Sheperds. Das Leid, das damit verbunden sein kann, ist vielen nicht bewusst. Eine Konsequenz der außergewöhnlichen Musterung können u.A. schwere Hautentzündungen sein.
Tea-Cup-Hunde
Es gibt sogar besonders kleine Züchtungen, bei denen die Hunde so winzig sind, dass sie in eine Teetasse passen würden. Dieser Eigenschaft verdanken die Tiere auch ihren Namen: Tea-Cup-Hunde stammen aus Zuchten, bei denen die jeweils schwächsten Welpen eines Wurfes gepaart werden, bis die gewünschte Größe erreicht ist. Hunde solcher Qualzuchten sind aufgrund der Kombination zahlreicher Gendefekte besonders geschädigt. Auch der Pomeranian wird zu den Tea-Cup-Hunden gezählt.
Wie gegensteuern?
Tatsächlich gibt es diese Art der Zucht aber nicht nur bei Hunden. Auch Katzen, Kaninchen, Reptilien und etliche weitere Haustiere sind betroffen.
Bei so viel Tierleid stellt sich die Frage, wieso es noch immer Menschen gibt, die sich ein Tier aus einer solchen Zucht anschaffen. Leider lässt sich das nicht so leicht beantworten. Häufig liegt es am Unwissen vieler Haustierbesitzer:innen, die mit der Thematik nicht vertraut sind oder sich schlicht nicht im Klaren darüber sind, dass gerade ihr Haustier einer Qualzucht entstammt. Krankheitssymptome werden nicht erkannt und fälschlicherweise für eine individuelle Angewohnheit des Tieres gehalten: „Ist doch süß, wie er schnarcht“ oder „schau mal, ist ihr Gang nicht knuffig?“, heißt es dann oft. Erst die regelmäßigen Besuche beim Tierarzt lassen Zweifel an der Gesundheit des Tieres aufkommen.
Und dann gibt es auch diejenigen, denen es einfach egal ist. Die die Augen verschließen und ihre eigenen Vorstellungen über das Wohl des Tieres stellen. Was auch immer die Gründe sein mögen: Um zu verhindern, dass Zuchttiere solcherlei Qualen ausgesetzt sind, ist es wichtig, dass Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich ein Haustier anzuschaffen, sich im Vorfeld ausreichend mit dem Thema auseinandersetzen.
Hierzu zählt zum Beispiel, sich darüber zu informieren, welche Arten tendenziell betroffen sein könnten. Eine gute Anlaufstelle zur Adoption eines Hundes sind sicher auch Tierheime. Hier können die Pfleger:innen Auskunft über den Gesundheitszustand des Hundes geben. Zuletzt macht auch bei der Wahl der Züchterin oder des Züchters eine ausführliche Recherche vor dem Kauf Sinn. Denn nur weil manche Rassen grundsätzlich öfter aus einer Qualzucht stammen als andere, gibt es zum Glück auch unter Zuchthunden vollkommen gesunde Tiere.