Die Opioid-Krise in den USA
Vom Schmerzmittel zu harten Drogen
Die Opioid-Krise ist in den USA schön länger ein polarisierendes Thema. Dieses Jahr sind zwei Serien und ein Film auf Netflix erschienen, die sich mit diesem Thema fiktional auseinandersetzen. Warum ist die Opioid-Krise gerade wieder so relevant? Und was sagen uns die fiktiven Stories auf Netflix über die Realität?
Tote regnen vom Himmel. Sie sollen einem Pharmaboss in der neuen Netflix-Serie The Fall of the House of Usher zeigen, wie viele wegen seinem Schmerzmittel allein in Amerika gestorben sind. Hunderttausende.
Schreckliche Bilder – passend für eine Horrorserie. Aber auch passend zur Realität. In Nordamerika erschüttert schon seit über 20 Jahren Angehörige und Suchtopfer der Opioid-Krise . Diese bezeichnet den starken Anstieg von Drogenabhängigkeiten und daraus resultierenden Todesfällen. Und die Zahlen sprechen für sich: zwischen 1999 und 2021 starben rund 841.000 an den Folgen des Opioidkonsums.
Lügen und Korruption – Die Geschichte der Painkiller
Eine der neuen Netflix-Serien, Painkiller, erzählt die Geschichte von dem Pharmaunternehmen Purdue und wie es Ärzt:innen dazu brachte, die Droge Oxycontin an Patient:innen zu verschreiben. Auch wenn die Serie die Zuschauer:innen oft daran erinnert, dass einige Dialoge und Figuren fiktiv sind, ist doch einiges sehr nah an der Realität.
Zum Beispiel der Pharmaunternehmer Richard Sackler, der 1987 Purdue Pharma übernahm und das Schmerzmittel Oxycontin vertrieb. Die Sackler Familie häufte bis 2015 ganze 14 Milliarden US-Dollar durch den Vertrieb der Droge an.
Oxycontin wurde 1995 als Durchbruch in der Medizin gefeiert, um Patient:innen mit mittleren und starken Schmerzen zu helfen. Aber eigentlich herrschte im Amerika der 90er Jahre eine gewisse Ablehnung gegenüber Opioiden. Wie schaffte es das Unternehmen also, die Droge so erfolgreich zu vermarkten? Ganz einfach – mit Lügen.
Auch in Painkiller wird gezeigt, wie junge Frauen angeheuert wurden, Ärzt:innen mit dieser Methode für Oxycontin zu begeistern. Das Pharmaunternehmen Purdue bezahlte außerdem anerkannte Ärzt:innen dafür, ihre Kolleg:innen von der Sicherheit der Droge zu überzeugen. David Kessler von der Food and Drug Association stellt dabei klar:
Few drugs are as dangerous as the opioids.
David Kessler, ehemaliger Präsident der Food and Drug Administration
Schon 1999 war Purdue klar, dass Oxycontin bei 13 Prozent der Patient:innen zu einer Abhängigkeit führte. Das wurde aber vertuscht – zu Gunsten des Profits.
Das Purdue-Vermächtnis
Die Arbeiterklasse Nordamerikas war am stärksten von der Abhängigkeitswelle betroffen. Durch ihre körperlich anstrengenden Jobs waren sie besonders auf Schmerzmittel wie Oxycontin angewiesen. Genau so ergeht es Glen Kryger auch in Painkiller. Er ist ein normaler Familienvater und Arbeiter, der wegen einem Arbeitsunfall eine starke Dosis an Schmerzmitteln braucht. Sein Arzt gibt ihm Oxycontin – und er wird abhängig.
DIE FOLGEN VON OXYCONTIN
Schon nach einigen Wochen mit Oxycontin können Patient:innen körperlich abhängig sein. Wenn die verschriebenen Pillen ausgingen, wussten sie sich oft nicht anders zu helfen, als Heroin auf der Straße zu kaufen, welches aber deutlich schwächer wirkt als Oxycontin. Die Nachfrage nach Heroin war teilweise so hoch, dass sie nicht erfüllt werden konnte. Deshalb griffen viele Nutzer:innen zu Ersatzdrogen, die leichter erhältlich und noch stärker als Oxycodon waren – wie Fentanyl.
Plötzlich war Fentanyl überall. Drogenhändler:innen nutzten es um ihr Heroin, Ecstasy oder Kokain kostengünstig zu strecken. Auch heute noch können sich junge Menschen beim Experimentieren mit Drogen deshalb nicht sicher sein, was in diesen steckt. Oft ist das Fentanyl.
Nur zwei Milligramm von Fentanyl können eine Überdosis verursachen. Allerdings hält der Effekt nur sehr kurz an. Deshalb nehmen viele mehr Fentanyl zu sich als sie sollten – ob bewusst oder unbewusst. Das macht die Droge doppelt gefährlich.
Wie sieht die Situation in Deutschland aus?
Oxycontin wurde in Europa, im Gegensatz zu den USA, nicht massenweise ärztlich verschrieben. Folglich gab es auch nicht die Masse an Abhängigen, die nach Oxycontin, Heroin oder Fentanyl auf dem illegalen Markt verlangten. Die Nachfrage nach Opioiden wurde einfach nicht so sehr durch die Industrie angekurbelt wie in den USA. Außerdem sind in Opioiden in Deutschland schon Antidote enthalten, die bei einer zu hohen Dosis als Gegenmittel wirken.
Natürlich ist auch in Deutschland Drogenabhängigkeit ein Thema, vor allem Heroin und Morphin stellen ein immer größeres Problem dar. Und auch hier sollte man auch bei verschriebenen Drogen ganz genau aufpassen. Am besten lässt man seine Drogen testen – oder es ganz sein.