Vierschanzentournee - Bischofshofen
Vier Schanzen, drei Könige, ein Adler – FEIERtag in Österreich
Traditionell geht es am Drei-Königs-Tag in Bischofshofen um die finale Entscheidung bei der Vierschanzentournee. Nach Innsbruck ist sicher: ein Österreicher wird den Adler nach zehn Jahren zurück in die Alpenrepublik holen. Vier Schanzen, drei Österreicher und ein Adler – aber es kann nur einen König geben. Die Entscheidung bei der 73. Vierschanzentournee verspricht große Emotionen.
Nach einem spannenden Wettkampf in Innsbruck brachte sich der Österreicher Stefan Kraft mit Sprüngen von über 130 Metern und dem Sieg am Bergisel als neuer Gesamtführender der Tournee hervor. Die Ausgangslage vor dem finalen Springen in der vierten Station Bischofshofen im Salzburger Land ist deshalb äußerst knapp. Die stärkste Konkurrenz kommt dabei aus dem eigenen Lager: denn schon in Innsbruck lagen die österreichischen Skispringer Stefan Kraft, Jan Hörl und Daniel Tschofenig in der Gesamtwertung nur wenige Punkte auseinander. Nach Krafts Triumph in Innsbruck liegt er mit nur 0,6 Punkten vor Hörl und mit 1,3 Punkten vor Tschofenig – Abstände, die im Skispringen ein Hauch von Nichts sind.
Die Deutschen springen in Innsbruck hinterher
Puff… geplatzt die Träume auf einen deutschen Tourneesieg. Auch nach 23 Jahren. Die deutschen Adler konnten in Innsbruck nicht mit den Österreichern mithalten und landeten außerhalb der Top-Ränge. Pius Paschke, der als Hannawald-Nachfolge-Hoffnung in die Tournee gestartet war, zeigte durchwachsene Sprünge. In der Gesamtwertung hat Team Deutschland also nichts mehr mitzureden. Man sollte meinen, der Rucksack auf den deutschen Schultern sollte für das finale Springen an der Paul-Außerleitner-Schanze in Bischofshofen leichter geworden sein.
So ist es aber nicht. Im ersten Durchgang können die DSV-Adler erneut nicht überzeugen. Andreas Wellinger ist mit Rang 14 bester Deutscher nach dem ersten Durchgang. Dahinter reihen sich Pius Paschke (15.), Philipp Raimund (19.) und Karl Geiger (25.) ein. Die Schulnoten zur Halbzeit: befriedigend bis mangelhaft. Anders läuft es, wie gewohnt, bei Team Österreich.
Die „heiligen“ vier Könige?
Skisprung-Fans kommt der Blick auf das Tableau nach Durchgang eins von der Tournee bereits bekannt vor. Die drei „heiligen“ Skisprung-Könige Kraft (1.), Hörl (3.) und Tschofenig (5.) sichern sich Plätze unter den Besten fünf und versprechen ein packendes Finale. Aber plötzlich mischt sich ein weiterer Österreicher im Kampf um die Podestplätze ein. Als Maximilian Ortner einen weiten Satz auf 134m hinlegt, werden die 14.300 österreichischen Zuschauer:innen an der Schanze laut, besonders sein Kärntner Fanclub. Macht er jetzt aus den „heiligen“ drei Königen ein Quartett? Er reiht sich hinter Top-Favorit Kraft auf Rang zwei ein und macht sich für den zweiten Durchgang mit breitem Grinsen wieder auf den Weg nach oben.
Kein Grinsen bei den DSV-Adlern
Diese Leichtigkeit fehlt aktuell bei den deutschen Skispringern. Auch im zweiten Durchgang des Tournee-Finales konnte das Team unter Bundestrainer Stefan Horngacher nicht brillieren. Zwar verbesserten sich alle vier verbliebenen Springer um einige Plätze, aber gefährlich werden sie den Top-Springern nicht. Daniel Tschofenig rechnete nach dem zwar guten, aber nicht perfekten ersten Sprung schon gar nicht mehr mit dem Tourneesieg. Doch im zweiten Durchgang brachte er mit einem Top-Sprung auf 140,5m die Stimmung am Hochkönig zum Beben. Und auch Lokalmatador Jan Hörl vom SC Bischofshofen zeigte einen weiten Sprung, die unsaubere Landung kostete ihm aber wertvolle Punkte.
Beginn des Dramas kurz vor Schluss
Tatort: Bischofshofen. In der Hauptrolle: Stefan Kraft. In der Nebenrolle: der Wind.
Klingt wie ein Krimi. War auch ein Krimi. Denn bevor der letzte Springer, Stefan Kraft, einen finalen Tournee-Sprung in das tosende Publikum wagen kann, muss er noch einmal runter vom Balken. Der Wind, der Wind, das „himmlische“ Kind. Das Warten beginnt. Das Zittern beginnt. Er wirkt fokussiert, nickt zielgerichtet. Minuten vergehen, ein Vorspringer testet die Windverhältnisse. Und dann macht sich Stefan Kraft auf die Reise. Das Publikum versucht mit lautstarkem Jubel einen Aufwind zu erzeugen.
Dann landet er bei 137,5m und weiß ganz genau, das hat weder für den Tagessieg noch für den Tourneesieg gereicht. Eine Miene, die Bände spricht. Hat das lange Warten etwas im Kopf ausgelöst?
Worte, die wie eine Niederlage klingen. Dabei kann er sich letztlich über Platz drei in der Tournee-Gesamtwertung freuen. Knapp davor reiht sich Jan Hörl ein. Am Ende kann es aber nur einen König in Österreich geben, der ganz oben thront.
Rekorde in Österreich – Enttäuschung in Deutschland
Es ist Daniel Tschofenig, der sich also in einem Krimi-Finale durchsetzt und den goldenen Adler mit einem Punkterekord als Gesamtsieger gewinnt. Er sammelte 1.194 Punkte in acht Sprüngen. Für den Österreicher ein Tag, den er nie vergessen wird. Da kann man schonmal sprachlos werden:
Rekorde über Rekorde: Der ÖSV-Trainer Andreas Widhölzl hat die Tournee als erster überhaupt sowohl als Aktiver im Jahr 2000, als auch als Coach, 25 Jahre später gewonnen. Und ganz nebenbei: von den zwölf möglichen Podestplätzen in den Einzelspringen wurden elf von Springern in rot-weiß-rot eingenommen. Die “heiligen” drei Könige trennten auch zum Schluss nur ganz wenige Punkte – zu den anderen Springern klaffte dagegen eine große Lücke mit mehr als 40 Punkten.
Vor allem scheinen mentale Aspekte bei der Tournee entscheidend gewesen zu sein. Die drei favorisierten ÖSV-Springer konnten insbesondere den medialen Druck untereinander aufteilen. Pius Paschke bekam hingegen den alleinigen Druck zu spüren. Ein schwerer Rucksack für den 34-Jährigen. Ist er nach Bischofshofen mit einem anderen Mindest angetreten, weil die Tournee ohnehin zuvor entglitten ist?
Hinfallen, Aufstehen, Helm richten
Nun steht den Springern ausnahmsweise ein freies Wochenende bevor. Bei den Deutschen stellt sich trotz des schwachen Abschneidens nicht die Frage nach der Zukunft von Bundestrainer Stefan Horngacher. Pius Paschke hat ein klares Ziel für die restliche Weltcup-Saison vor Augen:
Schließlich steht die nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Trondheim vor der Tür: Wer holt Gold, Silber und Bronze? Sie werden vom 25. Februar bis zum 9. März 2025 in Norwegens drittgrößter Stadt ausgetragen. Sowohl die Männer als auch die Frauen sind für mehrere Skisprung-Wettkämpfe zu Gast. Neben der Vierschanzentournee wird seit einigen Jahren auch die Raw-Air-Wertung im März ausgetragen. Dabei handelt es um eine Wettkampfserie in Norwegen, bei der auch die Damen am Start sind. Bei den Springern ist die Raw-Air-Wertung sehr beliebt, da das Preisgeld hoch ist und es wie bei der Vierschanzentournee eine Gesamtwertung gibt. Dann stellt sich die Frage: Kommen die deutschen Skispringer im hohen Norden wieder besser zurecht und lassen sie die vergangene „Null-Chancen-Tournee“ in Vergessenheit geraten?