Ausstellungskritik

Wobblige Metawürmer unter dem Esstisch

/ / Spaghettification von Misha Kahn/Bild: © Thys Dullart

Social Media-Abhängigkeit, sexuelle Revolution und dann noch Architektur direkt aus dem Sumpf – das alles erwartet die Besucher:innen in der Ausstellung “Under the Wobble Moon. Objects from the Capricious Age” in der Villa Stuck. Dabei stehen Werke des US-Amerikaners Misha Kahn im Mittelpunkt, die sich dem konventionellen Kunstbegriff verweigern. Ob sich die Ausstellung lohnt, erklärt Dennis Reinhart.

Raupenvase im Speisesaal

Bereits zu Beginn der Ausstellung Under the Wobble Moon. Objects from the Capricious Age wird klar: Hier bahnt sich etwas ganz Neues an – eine Verschmelzung zwischen Klassik und Moderne. Denn wenn die Besucher:innen die Räume der Villa Stuck betreten, könnten sie durchaus erstaunt sein. So stehen zwischen verstaubten Bücherregalen plötzlich Kunststofftische, die mit Autolack beschichtet sind. “Wie passt das zusammen?” ist wahrscheinlich einer der ersten Gedanken, der einem dabei durch den Kopf schießt.

Der Tisch für ein romantisches Insektendinner/Bild: © Sean Davidson

Wirklich schlau werden die Besucher:innen aus den Kreationen von Misha Kahn nämlich oftmals kaum auf den ersten Blick. Denn eine feste Anordnung oder Struktur besitzt die Ausstellung nicht – stattdessen sind die Skulpturen, Gemälde und sogar Teppiche fast schon willkürlich in den Räumen verteilt. Da stehen dann Jaspissteine mit Aluminiumüberzug an Stühlen mit zerflossenen Gelüberzügen, die aussehen, als hätte jemand die Obstschüssel zu lange in der Sonne stehen lassen. Das passt aber alles zum titelgebenden Capricious Age, dem Zeitalter der Transformation – alles zerfließt ineinander und schafft im Prozess etwas völlig neues, Einzigartiges.

Bei diesem Kühlschrank bekommt “Nichts anbrennen lassen” gleich eine ganz neue Bedeutung/Bild: © Sean Davidson

Die Macht der Fantasie

Bunt und wobbelig feiert Misha Kahn die Kraft des Unangepassten – getreu dem Motto: Seit wann müssen Dinge in das Korsett eines Schönheitsbegriffs gezwängt werden, um als Kunst zu gelten? Selten war eine Ausstellung mysteriöser und zeitgleich so spaßig zum Ansehen. Die Besucher:innen kommen teilweise aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. So räkeln sich in einem Raum wurmartige Wesen aneinander während im anderen eine Murmelbahn mit einem Kleiderständer verschmolzen ist. Wer Kunst abseits des Mainstreams liebt, muss nicht mehr länger Ausschau halten – mit Under the Wobble Moon. Objects from the Capricious Age ist die Suche endlich Geschichte.

Grenzenlose Kreativität anstatt von Revivals

In Zeiten, in denen der beziehungsweise die x-te Künstler:in in einer Retrospektive wieder aufgeführt wird, ist es Zeit für neue Stimmen in der Kunst. Mit der Ausstellung Under the Wobble Moon. Objects from the Capricious Age des Amerikaners Misha Kahn ist aber klar: Die Zukunft der Kunstszene war nie leuchtender – und komischer. So ist die Ausstellung am Ende vor allem eines: Ein Erlebnis wie kein anderes. Eines, auf dass sich die Besucher:innen einlassen sollten – denn dann erwartet sie eine Form der Kunst, die sie so schnell nicht mehr vergessen werden.

Die Ausstellung Under the Wobble Moon. Objects from the Capricious Age in der Villa Stuck läuft noch bis zum 21. August. Die Karten kosten regulär 9 Euro oder 4,50 Euro für Studierende.