Filmkritik

The Whale

/ / Bild: © Courtesy of A24

Darren Aronofsky (Black Swan, Requiem for a Dream)! Der Name ist in der Vergangenheit vor allem für düstere, verstörende Filme bekannt gewesen. Mit seinem neuesten Werk möchte er allerdings eine Geschichte von Empathie und Hoffnung erzählen. Ob ihm das mit The Whale gelingt?

Charlie (Brendan Fraser) ist auf dem Papier das klassische Abziehbild eines Gutmenschen: Er sieht stets nur das Gute in den Menschen und möchte als Englischlehrer das Beste aus seinen Schüler:innen herausholen. Trotz dieser durchweg positiven Eigenschaften ist er einsam und lebt zurückgezogen in seiner Wohnung. Nach dem Tod seines Partners, hatte er versucht seine Trauer mit zwanghaftem Essen zu verarbeiten, wodurch er inzwischen beinahe 300 Kilogramm wiegt. Gerade wegen seines sich immer weiter verschlimmernden Zustandes unternimmt er nun einen letzten Versuch, um seiner entfremdeten Tochter Ellie (Sadie Sink) wieder näherzukommen.

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Trailer zu The Whale

(Un-)Sensible Darstellung?

The Whale ist auf Grundlage des gleichnamigen Theaterstücks entstanden, welches wiederum auf realen Erfahrungen seines Autors Samuel D. Hunter basiert. Dieser war selbst übergewichtig und setzte sich so in gewisser Weise auch mit seiner eigenen Vergangenheit auseinander. Das gibt zumindest Anlass zur Hoffnung, dass sich Aronofsky bereits so auf Ausgangsmaterial stützen kann, das mit diesem sensiblen Thema einfühlsam umgeht. Und zumindest in Teilen ist das auch der Fall, denn direkt zu Beginn lernen die Zuschauer:innen Charlie kennen, ohne ihn aber zu sehen. Stattdessen ist nur seine Stimme zu hören, wodurch die Möglichkeit gegeben wird, den Protagonisten vorurteilsfrei kennenzulernen.

Diese Zurückgenommenheit der ersten Minuten macht Aronofsky aber in weiten Teilen des restlichen Films wieder zunichte. Stattdessen wirkt es vielmehr so, als würde die Kamera sich an Charlies Aussehen ergötzen, während er sich halbnackt durch die Wohnung schleppt oder schwitzend auf der Couch masturbiert. Das Make-up ist dabei durchaus überzeugend und dem Regisseur gelingt es durch die triste Farbgebung und die Enge des Apartments, in dem das Kammerspiel angesiedelt ist, eine äußerst unangenehme Stimmung zu erzeugen. Die Anstrengung, die der Hauptcharakter hier spürt, überträgt sich förmlich auf das Publikum und hinterlässt das Gefühl, einen Marathon überstanden zu haben. Dennoch stellt sich die Frage, ob es wirklich nötig wäre, Charlies Übergewicht derart prominent und fast schon an Voyeurismus grenzend, in Szene zu setzen.

Sadie Sink als Charlies Tochter/ Bild: © Niko Tavernise

Menschlichkeit über Plot

Bezeichnenderweise sind stattdessen gerade die Szenen am Stärksten, in denen es um ihn als Menschen geht und sein Gewicht keine Rolle spielt. Hier zeigt Hauptdarsteller Brendan Fraser ganz deutlich, warum er den Oscar als Bester Hauptdarsteller verdient hat. Durch die Art wie er den beinahe schon naiven Glauben seines Charakters an das Gute in den Menschen verkörpert, gelingt es ihm, diesem eine wunderbare Menschlichkeit zu verleihen. Generell lebt The Whale besonders von seinen Darsteller:innen, denn auch Sadie Sink als seine Tochter und Hong Chau als besorgte Freundin wissen durchweg zu überzeugen.

Das Drehbuch dagegen hat leider einige Schwächen aufzuweisen. So hat der Film mit seinen zwei Stunden doch einige Längen, die vermeidbar gewesen wären. Besonders einen Handlungsstrang rund um einen Evangelisten hätte man leicht kürzen können, ohne dass wichtige Elemente verlorengegangen wären. Auch die titelgebende Metapher, die sich durch den gesamten Film zieht, ist äußerst offensichtlich und zeigt, dass Subtilität seit mehreren Werken nicht gerade Aronofskys Stärke ist. The Whale ist durchaus ein interessantes Werk, hat aber letztendlich höhere Ambitionen als es erfüllen kann und fühlt sich zumeist deutlich klüger als es ist.

The Whale läuft ab dem 27. April 2023 im Kino.