Filmklassiker der Woche

The Rocky Horror Picture Show

/ / Bild: M94.5/Fischbacher

Im Kino mit Reis oder Toastbrot werfen und trotzdem kein Hausverbot kassieren? Das geht. Allerdings nur bei einem bestimmten Kultfilm: Die Rocky Horror Picture Show ist weltweit zu einem Mitmach-Event geworden.

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Let’s do the Time Warp again. And again. And again: Der vermutlich bekannteste Song aus der Musical-Show wird von Revuen und Travestie-Shows weltweit kopiert.

Erst ein Sprung nach links, dann vier Schritte nach rechts und dann hübsch mit dem Hintern wackeln: Die Grundschritte des Time Warps beherrschen manche Menschen sogar, ohne die Rocky Horror Picture Show je gesehen zu haben – so sehr hat sich die legendäre Travestie-Show (und ihre Bühnenvorlage The Rocky Horror Show) in das popkulturelle Gedächtnis eingeprägt. Fans alter Trash-Filme, aber auch insbesondere der queeren Community gilt die Musicalverfilmung von 1975 als filmischer Meilenstein.

Bad, bizarre and bloody brilliant

Dabei ist der Film kinematographisch beileibe kein Meisterwerk: Er strotzt vor Kunstblut und billigen Pailletten-Fummeln, vor üblen Trickblenden, Filmfehlern und schlecht gemachten Spezialeffekten. Das alles könnte grauenhaft sein, wäre es nicht kunstvoll beabsichtigt und hochgradig selbstironisch. Der Erfinder, der Brite Richard O’Brien, spielt bewusst auf amerikanische B-Movies der 40er und 50er Jahre an und schafft damit eine gigantische Film-Orgie aus Musical, Horror, SciFi und Erotik.

Zutaten für eine B-Movie-Persiflage

Sexuell aufgeladen und B-Movie-trashig ist auch die Handlung des Films: Die frisch Verlobten Brad und Janet finden nach einer nächtlichen Autopanne Zuflucht in einem unheimlichen Schloss im Wald. Der Schlossherr, der frivole Wissenschaftler Frank N. Furter, der sich als Transvestit vom Planeten Transsexual aus der Galaxie Transylvania vorstellt, lädt sie ein, Gast bei einem besonderen Experiment zu sein.

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Der Name Frank N. Furter spielt mit gutem Grund an einen anderen berühmten Wissenschaftler an: Auch Frank N. Furter will eine Kreatur aus der Retorte erschaffen.

Uraufgeführt wird Richard O’Briens Bühnenvorlage bereits 1973. Aber erst dank der Verfilmung, die unter anderem die spätere Oscar-Preisträgerin Susan Sarandon bekannt macht, erhält das sogenannte Grusical Kultstatus – auch wenn der Streifen bei der breiten Masse erstmal floppt. Nur bei einem bestimmten Publikum landet die Rocky Horror Picture Show einen Volltreffer: bei US-Student*innen.

Auf den Release-Flop an den Kinokassen reagiert die Marketingabteilung nämlich mit einem Geniestreich: Sie lässt die Rocky Horror Picture Show landesweit an Universitäten als Midnight Movie zeigen. Hier entwickelt sich der Film zum Kult und schließlich zum weltweiten Hype, der auch heute noch anhält. Die US-Studierenden sind es auch, die die zahlreichen Mitmachmöglichkeiten für das Publikum entwickeln.

The Virgins Guide To Rocky Horror

Damit auch Rocky-Horror-Neulinge einen Durchblick haben, wie das Publikum bei der Show zu agieren hat (Achtung: vorab abklären, was im besuchten Kino oder Theater erlaubt ist!), hat der offizielle UK-Fanclub einen Virgins Guide To Rocky Horror herausgegeben. Hier eine Auswahl der wichtigsten Interaktionen:

  • Reis werfen (In vielen Kinos und Theatern wird das nicht gerne gesehen, darum ersetzen rücksichtsvolle Fans Reis durch Konfetti): Hochzeitsszene; Brad und Janets Freunde Ralf Hapshatt und Betty Munroe heiraten
  • Mit Wasser spritzen und zum Schutz eine Zeitung auf den Kopf setzen: Unwetterszene im Wald; Brad und Janet verlassen im Regen ihren liegengebliebenen Wagen
  • Ein Feuerzeug (oder Knicklicht) schwenken: Song (There’s A Light) Over At The Frankenstein’s Place; Brad und Janet erreichen das Schloss und entdecken ein erleuchtetes Fenster
  • Toilettenpapier werfen (in vielen Theatern wird auch das nicht gerne gesehen, in Kinos ist es meist in Ordnung): Rockys Geburtsszene; Rocky Horror, die Retorten-Kreatur, erwacht zum Leben und wird aus seinen Bandagen gewickelt
  • Toast werfen (rücksichtsvolle Fans ersetzen auch Toast durch Konfetti): Dinner-Szene; Frank N. Furter spricht einen Toast aus

Und das Allerwichtigste: ordentlich mitsingen, mittanzen und verkleidet kommen (und den Kino- und Theater-Betreiber*innen einen Gefallen tun und die mitgebrachten Requisiten am Ende wieder mitnehmen). Besonders die vielen Mitmachmöglichkeiten machen die Rocky Horror Picture Show – die Mutter aller Travestie-Filme – auch über 40 Jahre nach ihrem Kino-Release zu einem zeitlosen Highlight. Eine Zeitreise via Time Warp ins Jahr 1975 ist sie darum immer wieder wert.

Auch im Deutschen Theater München hat der Time Warp immer wieder Gastauftritte: Die Darsteller von Columbia, Riff Raff und Magenta der für 2021 geplanten München-Tournee.
Bild: Jens Hauer

Seit 43 Jahren läuft die Rocky Horror Picture Show im Münchner Museum Lichtspiele (fast) ohne Unterbrechung – ein Weltrekord! 2020 hat der Kult-Klassiker hier coronabedingt seine längste Programmpause erlebt. Jetzt ist er wieder regelmäßig zu sehen – und zwar jeden Freitag und Samstag um 21 Uhr.

Für alle, die den Film lieber ohne Toastbrot-Hagel gemütlich zuhause anschauen wollen, gibt es die Rocky Horror Picture Show auch als Stream bei Amazon Prime Video.