Filmkritik
The Batman
Nach West, Keaton, Kilmer, Clooney, Bale und Affleck nun also Robert Pattinson: Es gibt wieder einen neuen Batman auf den Leinwänden der Welt zu sehen. Was letztlich bei Pattinsons Debüt im Batsuit herausgekommen ist? Nicht mehr und nicht weniger als die wohl beste Darstellung Batmans aller Zeiten.
Exakt eine Szene braucht Robert Pattinson, um zu zeigen, warum Regisseur Matt Reeves ihm diese Rolle auf den Leib geschrieben hat. Der neue Batman ist schlicht und ergreifend bedrohlicher als in vergangenen Filmen. Jeder Schlag wirkt kraftvoller, jeder Schritt zeigt die volle Masse an Muskeln und Montur. Doch während der Brite als maskierter Rächer absolut besticht, ist seine Darstellung von Bruce Wayne zunächst gewöhnungsbedürftig. Matt Reeves‘ Vision für Batmans Alter Ego ist eine Abkehr von der traditionellen Darstellung als Playboy. Stattdessen ist Bruce Wayne ein seelisch gebrochener Jüngling, der sich von der Außenwelt abschottet, ausgelaugt von seinen nächtlichen Eskapaden; visuell irgendwo zwischen Emo und Edward Scissorhands einzuordnen.
Reeves ließ sich bei dieser Interpretation stark von Nirvana-Frontmann Kurt Cobain inspirieren – sogar so stark, dass der Track Something In The Way der Grunge-Ikone einen prominenten Platz im Soundtrack einnimmt. Im Kontext des Films funktioniert diese Darstellung aber insgesamt. Schnell wird deutlich: Pattinsons Bruce Wayne ist im Vergleich zu seinen Vorgängern deutlich jünger. Ungefestigter. Traumatisierter. Und wirft gleichzeitig die Frage auf, ob sich in ganz Gotham in den vergangenen 20 Jahren nun wirklich niemand mit einer Psychotherapieausbildung hat finden lassen, der diesem armen Jungen hilft, den Tod seiner Eltern zu verarbeiten.
Primär Detektivkrimi statt Action-Prügelei
So muss sich ein immer noch tief traumatisierter Batman damit auseinandersetzen, dass der Riddler (Paul Dano, grandios wie verstörend) durch eine Mordserie an Würdenträgern die Wahrheit über das Ausmaß an Korruption in Gotham ans Licht bringen will. Dabei wird er nicht nur mit der Vergangenheit seiner eigenen Familie konfrontiert, sondern muss auch die einflussreichen Gangster Carmine Falcone (John Turturro) und Oswald “Pinguin” Cobblepot (Colin Farrell, mit grandios unterhaltsamer Leistung) in ihren Machenschaften aufhalten. Viel zu tun für Batman also. Endlich darf er dabei auch auf der großen Leinwand seinem Spitznamen als größter Detektiv der Welt gerecht werden. Ein Ansatz, den die vorherigen Batman-Adaptationen nicht wirklich verfolgt haben, und der in seinen besten Momenten an eine Mischung aus David Finchers Zodiac und Denis Villeneuves Prisoners erinnert.
Dabei helfen die Leistungen von Kameramann Greig Fraser (aktuell für einen Oscar für Dune nominiert) und Komponist Michael Giacchino (Spider-Man: No Way Home, Oscar-Preisträger 2010 für seine Filmmusik zu Up): Der eine schafft es die Herabgekommenheit Gothams ebenso wunderbar einzufangen wie Kampfszenen visuell beeindruckend auf die Leinwand zu bringen. Der andere kreiert einen Soundtrack, der sich mühelos zwischen Action und Horror hin- und herbewegt und dabei auch klassische Musik implementiert. The Batman ist handwerklich einwandfrei; visuell wie auditiv definitiv wieder ein Streifen, der das Prädikat „muss im Kino gesehen werden“ verdient.
Zu viel des Guten?
Matt Reeves macht mit seinem neuen Werk also vieles richtig – und steht sich trotzdem etwas selber im Weg. Mit 176 Minuten Laufzeit ist The Batman der längste Film über den Dunklen Ritter; die Länge macht sich zum Ende hin bemerkbar. Um den Regisseur und die Cutter William Hoy und Tyler Nelson in Schutz zu nehmen: Viel Kürzungspotenzial bietet der Film nicht. Am Ende des zweiten Aktes liefert er aber einen durchaus befriedigenden Abschluss, nach dem gut und gerne auch der Abspann einsetzen könnte. Stattdessen folgt Akt Nummer drei, der qualitativ abfällt und so wirkt, als wäre er noch hastig zusammengeschustert worden, um ein offenes Ende zu vermeiden. So oft Filmstudios auch für das Aufteilen von Geschichten auf mehrere Filme kritisiert werden: Bei The Batman wäre das tatsächlich eine berechtigte Alternative gewesen – zwei Sequels sind von Warner Bros. ja so oder so eingeplant.
Zudem kommt The Batman mit der Subtilität einer Schlagsalve des Dunklen Ritters daher. Die Rätsel des Riddlers wirken in ihren Formulierungen zum Teil etwas forciert und das Publikum wird stellenweise sehr an die Hand genommen. Dabei ertränken die Offensichtlichkeit der Charakterentwicklung Batmans und der visuellen Metaphern dieses geradezu. Und auch die üblichen Verdächtigen aus den Reihen der (DC)-Comicbuchgenrekritik lassen sich blicken: Ein fragwürdiger Umgang mit dem Thema seelischer Gesundheit und eine Anzahl von Frauenfiguren, die so erschreckend niedrig ist, dass sie mit der Aufzählung von Selina Kyle (Zoë Kravitz) eigentlich schon komplett wiedergegeben ist.
Dennoch: Als düsterer Detektivkrimi noir macht The Batman Lust auf mehr – vor allem auf mehr Robert Pattinson. Für Fans der Comicbücher gibt der Film viele Anspielungen darauf, wie es in den Fortsetzungen weitergehen könnte: Bösewichte wie Hush werden stark angedeutet und könnten demnächst ihr Leinwanddebüt feiern. Und auch Barry Keoghan (zuletzt einer der Lichtblicke im ansonsten enttäuschenden Eternals von Konkurrent Marvel), der hier nur eine Kleinstrolle spielt, dürfte in den Sequels deutlich mehr in den Fokus rücken. Klar ist: Matt Reeves hat einen mehr als soliden Grundstein für die nächste Leinwand-Generation des Dunklen Ritters gelegt und einen Film erschaffen, den es sich trotz Überlange einfach lohnt zu sehen.
The Batman läuft ab dem 3. März in den Kinos.