Filmkritik
The Banshees of Inisherin
Schwarzer Humor und skurrile Charaktere: Dafür ist Regisseur Martin McDonagh spätestens seit Brügge sehen… und sterben bekannt. Aber kann sein neuestes Werk, The Banshees of Inisherin, mit denselben Zutaten genauso überzeugen?
Eigentlich sind Colm (Brendan Gleeson) und Pádraic (Colin Farrell) unzertrennlich – doch von einem Tag auf den anderen beschließt Colm, dass er ihre Freundschaft beenden möchte. Dabei ist nicht mal etwas Besonderes vorgefallen – er findet seinen Freund schlicht und ergreifend zu einfältig. Während also auf dem Festland der Irische Bürgerkrieg tobt, spielt sich auf der Insel, auf der sie leben, ein ganz anderer Kleinkrieg ab. Pádraic will diesen plötzlichen Beschluss nämlich nicht so einfach akzeptieren, weshalb ihm sein ehemaliger Freund androht, sich selbst jedes Mal einen Finger abzuschneiden, wenn er ihn auch nur anspricht. Ist diese Freundschaft also überhaupt noch zu retten?
Schöne Oberfläche, wenig Tiefe
Eine düstere und vielleicht für einige überzogen wirkende Prämisse. Doch die Geschichte einer Freundschaft, die sich auseinanderlebt, wird hier schlicht ins Extreme getrieben, was durchaus eine interessante Idee ist. McDonagh arbeitet häufig mit einer Mischung aus schwarzem Humor und Tragik, was ihm hier allerdings nur bedingt gelingt. Zwar bietet The Banshees of Inisherin durchaus unterhaltsame Szenen, verlässt sich aber zu oft auf billige Lacher und Fäkalhumor. Gleichzeitig möchte er in einigen Momenten aber auch ernste Themen ansprechen und stellt beispielweise die Frage was wichtiger ist: Gemocht oder erinnert zu werden? Auch mentale Gesundheit spielt eine Rolle, was durchaus zu einigen interessanten Szenen führt. Gerade das Setting der kleinen, abgeschotteten Insel passt hier eigentlich perfekt. Unterstrichen wird dies gleichzeitig noch durch den Umstand, dass auf dem Festland der bereits erwähnte Krieg herrscht, während der mentale Krieg ganz woanders ausgetragen wird. Nicht nur sorgt die Insel mit ihren schroffen Klippen und tosenden Wellen für wunderschöne Landschaftsaufnahmen. Der Inselkosmos ist dabei auch wunderbar geeignet, um die Einsamkeit zu verdeutlichen, um die es hier geht. Die einzelnen Häuser liegen weit auseinander, aber alle kennen einander, wodurch sich schnell Fronten bilden. Allerdings möchte der Film beim Thema der Abschottung und Einsamkeit nie wirklich in die Tiefe gehen, sondern kratzt stets nur an der Oberfläche.
Same Same But Different?
Zumindest die Chemie zwischen Gleeson und Farrell stimmt, auch wenn das Gefühl aufkommt, dass hier vor allem die Dynamik aus Brügge sehen neu aufgewärmt wurde: Der Einfaltspinsel auf der einen, der kultivierte Mann auf der anderen Seite. Was eher negativ klingt, wird aber durch den Spaß den die Zuschauer:innen haben, den beiden zuzusehen, ausgeglichen. So lebt der Film vor allem von seinen Figuren, die unterhaltsam geschrieben sind, teilweise aber etwas unnötig wirken. Eine alte Frau, die scheinbar hellseherische Fähigkeiten hat, sorgt zwar für einige witzige oder ominöse Szenen, trotzdem erschließt sich nicht so ganz, warum sie überhaupt eine Rolle in diesem Film spielt. Zudem können die skurrilen Charaktere nicht davon ablenken, dass sich The Banshees of Inisherin häufig im Kreis dreht. Immer wieder versucht Pádraic stur seinen ehemaligen Freund zurückzugewinnen, immer wieder weist dieser ihn zurück. So plätschert der Film vor sich hin, bis er irgendwann einfach aufhört und so zu einem eher unbefriedigenden Ende kommt.
McDonaghs neuestes Werk bietet also durchaus Unterhaltung und kann einige der bekannten Stärken des Regisseurs aufweisen. Allerdings fehlt es ihm deutlich an Feinschliff und so hat er letztendlich höherer Ambitionen, als er letzten Endes erreichen kann.
The Banshees of Inisherin läuft seit dem 5. Januar in den deutschen Kinos.