Schwule Locations
Stirbt die LGBTQ-Szene in München aus?
München ist ja nicht gerade für viel Party und Szene bekannt, bei sowas punktet eher Berlin. Das war aber nicht immer so: Das Nachtleben in München konnte es sogar mal mit New York aufnehmen, sogar Freddie Mercury hat hier mal seine Nächte durchgefeiert. Und das hatte auch einen Grund: Das Glockenbachviertel war ein Zentrum der deutschen Schwulenbewegung. Seit dem Anfang der 2000er-Jahre schließt aber eine Location nach der anderen.
Im Jahr 2000 gab es in München noch sechs schwule Clubs, sechs Saunen und circa 60 Bars, Cafés und Restaurants. Im Vergleich dazu führt die heutige LGTB-Szene ein Schattendasein. Die Lokale an der Müllerstraße kann man inzwischen an zwei Händen abzählen. Und der schwule NY-Club in der Elisenstraße ist momentan der einzige seiner Art.
Der Betreiber des Clubs, Ken Koch, beschreibt den Wandel in deutlichen Worten: “Es hat sich total verändert: Da gibt es noch zwei, drei Bars, es gibt zum Beispiel das Rendezvous, so eine Schlagerbar, oder das Prosecco, und das war’s dann eigentlich schon. Dann gibt es uns noch als einzigen schwulen Club, und damit ist das Nachtleben eigentlich abgedeckt.” Auch Tagescafés gebe es nur sehr vereinzelt, bekannt seien hier vor allem das Café NiL und das Kraftwerk.
Gründe dafür gibt es mehrere: Vor allem das Online-Dating macht es Kneipen und Bars in der Szene schwer, Gäste anzulocken. Besonders für die jüngeren Menschen ist das Internet die erste Wahl, um gleichgesinnte Menschen treffen. Ken Koch ist aber auch der Meinung, dass viele Einrichtungen nicht mit der Zeit gegangen wären. Für die jüngeren Generationen ist das nicht so attraktiv – die Kneipen schließen.
Geschichte geht verloren
Damit verliert München auch ein Stück Geschichte: Seit den 50er-Jahren hatte sich die Stadt zum Zentrum der bayrischen Schwulenbewegung entwickelt. Auch der Rock-n-Roll hatte hier sein Zuhause: Freddie Mercury hat hier einige seiner wilden Nächte verbracht.
Michael Plaß vom Schwulen Münchner Kommunikations- und Kulturzentrum (kurz Sub) weiß, wie die Stadt zu der Zeit war: „Damals war München ein Mekka mit wahnsinnig vielen Clubs, mit vielen Kneipen, mit Restaurants… Und auch mit Locations, wo Sex vor Ort möglich war, was Freddie Mercury doch sehr genossen und sehr geliebt hat“.
Trotz Spaß und Vergnügen hatte das Glockenbachviertel aber einen ernsten Hintergrund: Der Paragraf 175, der Homosexualität unter Strafe gestellt hat, galt bis in die 70er-Jahre hinein. Sogar mehrjährige Gefängnisstrafen waren möglich. Homosexuelle Menschen waren ständiger Gefahr ausgesetzt. Das Glockenbachviertel war dabei der einzige Rückzugsort und ein Schutzraum.
Die Szene ist immer noch wichtig
Auch heute ist längst nicht alles perfekt. Laut Michael Plaß ist vor allem Gewalt gegen Homosexuelle ein Problem: „Es wird immer noch zugeschlagen, in der U-Bahn, auf der Straße, und es gibt immer noch extrem schwulenfeindliche öffentliche Äußerungen, die als Meinung deklariert werden, obwohl Homophobie natürlich nie eine Meinung ist, sondern menschenverachtend. Trotzdem gibt es diese Äußerungen, seitens von Parteien, von Kirchen, am Stammtisch…“
Schutzräume wie im Glockenbachviertel sind also genauso wichtig wie früher. Dass München auch noch eine sehr teure Stadt ist, hilft der Szene dabei leider nicht wirklich weiter. Trotzdem sorgt auch der Nachwuchs wie das Sub dafür, dass es weiterhin eine Szene gibt, mit neuen Initiativen und Demonstrationen.
Die nächste Demonstration ist übrigens am 17.05., das ist der Tag gegen Homophobie, natürlich auf der Müllerstraße.