Filmfest 2019
Stillstehen
Mit “Stillstehen” feiert die gebürtige Italienierin Elisa Mishto die Weltpremiere ihres Spielfilmdebüts auf dem Filmfest München. Eine Tragikomödie ohne Standard-Story, dafür mit einer Message: Widerstand gegen den Leistungsdruck.
Julie (Natalia Belitski) ist Mitte 30 und sollte eigentlich mit beiden Beinen im Leben stehen. Stattdessen aber trägt sie jeden Tag ununterbrochen die selben gelben Gummihandschuhe und lässt sich immer wieder in eine Psychatrie einweisen – und das freiwillig. Als sie nach einem verwirrenden Vorfall erneut in ihre Stammklinik eingewiesen wird, trifft sie auf die neue Betreuerin Agnes (Luisa-Céline Gaffron), die durch Beruf und Familie stets Verantwortung tragen muss. Durch das Aufeinandertreffen entwickelt sich eine ganz bestimmte Spannung zwischen den beiden Protagonistinnen.
Spannende Persönlichkeiten
Die beiden Hauptcharaktere entwickeln sich im Laufe des Films immer weiter. Zum Ende scheinen sie sogar aus ihren alltäglichen, gar eingebrannten Mustern und Routinen auszubrechen. Dadurch trägt sich die Geschichte über die 91 Minuten Laufzeit. Besonders Julies Charakter wird für den Zuschauer immer interessanter, auch wenn man sich oft nicht mit ihr identifizieren kann. Natalia Belitski kann diese Rolle trotz verschiedener Wendungen und Entwicklungen sehr gut und glaubwürdig verkörpern.
Zu viele Stories in nur einem Film
Die kleinen Nebenhandlungen neben der Hauptstory werden jedoch zum Manko des Films. Zum Beispiel gibt es da Agnes komplizierte und distanzierte Beziehung zu ihrer Tochter oder verschiedene Streitigkeiten unter den Pflegern. Stillstehen fängt an, diese Geschichten zu erzählen, verliert aber hin und wieder Handlungsstränge, die im restlichen Film nicht mehr aufgegriffen werden, und nimmt so manchen Szenen ihre Relevanz.
Ernste Themen mit witziger Note
Das Leben in der Psychatrie ist sicher für keinen Erkrankten nur ein Späßchen. Stillstehen geht mit dieser Thematik aber humorvoll um und so erhält nicht nur der Hauptcharakter Julie eine durchdachte Rolle, sondern auch die anderen Patienten in der Klinik, die für die Zuschauer durch ihren trockenen, manchmal fast sarkastischen Humor und ihre liebenswürdige und hilfsbereite Art sehr sympathisch wirken.
Stillstehen macht sicher nicht alles richtig und lässt auch vieles offen. Trotzdem überzeugt die Tragikomödie mit einer originellen Grundstory, tollen Farben und sehr passenden Songs.
“Stillstehen” ist noch am 04. und 06. Juli auf dem Filmfest zu sehen.