Untertitel vs. Synchronisation
Sprachbarriere im Film
Der Film „Parasite“ spaltet die Gesellschaft. Es ist der erste nicht-englische Film, der den Oscar 2020 für sich gewinnen konnte. Viele beschweren sich nun darüber, dass der Film nur auf koreanisch und mit Untertiteln in der jeweils gewünschten Sprache existiert.
Sehnsüchtiges Warten auf die Kinoveröffentlichung des gehypten Filmes „Parasite“. Nur um dann enttäuscht festzustellen: Dieser Film ist auf koreanisch!? Ich kann doch gar kein koreanisch… Dann muss ich mich wohl mit deutschen Untertiteln zufrieden geben. Aber ist das wirklich ein Nachteil?
Attention Split
Es ist unvorteilhaft, wenn das Zentrum des Geschehens in der Mitte des Bildschirmes ist, aber der Zuschauer ständig auf die Untertitel unten schauen muss. Vor allem, wenn man aufgrund der Sprachbarriere darauf angewiesen ist. Das führt zu einem sogenannten „attention split“, weil man sich auf mehrere Dinge gleichzeitig fokussieren muss. Dadurch ist die Verarbeitung der Informationen im Gehirn viel anstrengender. Oft leidet der Informationsgehalt unter der Schnelllebigkeit der Untertitel. Im Durchschnitt hat man zum Mitlesen nur ca. sechs Sekunden Zeit. Abgesehen davon, dass die Untertitel die Ästhetik des Gesamtbildes ruinieren können.
Aus einer anderen Perspektive haben Untertitel aber auch einige Vorteile.
Lernen durch Filme schauen
Ist es nicht wahnsinnig erfrischend, die Originalstimmen und die realen Emotionen der Schauspieler zu erleben? Untertitel lesen geht außerdem viel schneller als zuhören. Und solange der Text dasteht, kann man diesen beliebig oft lesen. Besonders nützlich ist das bei Störgeräuschen in der Umgebung. Man darf auch den Lerneffekt für die Jugend und die Erwachsenen nicht vernachlässigen: Untertitel sind eine gute Möglichkeit, Fremdsprachen zu erlernen. Und für Taube und Schwerhörige sind sie sowieso unabdingbar. Aber wäre es nicht trotzdem besser, wenn der koreanische Film „Parasite“ synchronisiert werden würde?
Spongebob Schwammkopf bleibt Spongebob Schwammkopf
Die perfekte Lippensynchronisation ist unmöglich. Deshalb wirkt eine Synchronisation meistens unnatürlich. Oft gibt es berühmte Synchronsprecher, die völlig unterschiedliche Charaktere in verschiedenen Filmen spielen. So assoziiert man zum Beispiel mit Santiago Ziesmer – der deutschen Stimme von Spongebob Schwammkopf – unterbewusst den kleinen gelben Schwamm, auch wenn der Charakter einen seriösen Serienkiller darstellen soll. Insgesamt ist ein synchronisierter Film viel anfälliger für Manipulation und Zensur. Beherrscht man das Lippenlesen in der Fremdsprache nicht, ist es unmöglich, die Übersetzung des Originals zu prüfen. Und meistens sind die Originalwitze so schlecht übersetzt, dass sie gar keinen Sinn mehr ergeben. Was wiederum eine Chance für die Synchronisation sein kann, die Pointe anders auszudrücken.
Identifizierung und Entspannung
Wird ein Film in die Muttersprache des Zuschauers übersetzt, kann sich dieser besser mit den Figuren identifizieren. Der Informationsverlust ist nicht so stark wie bei Untertiteln, im Gegenteil: Es bietet sich die Möglichkeit, wichtige kulturelle Kontexte zu erklären. Insgesamt ist Zuhören entspannter als Lesen. Ähnlich zu den Untertiteln gibt es auch bei Synchronisationen einen Lerneffekt. Kinder lernen so in ihrer Sprache neue kontextuelle Zusammenhänge und Wörter.
Fazit
25 Prozent der dänischen Vorschulkinder sind sogar der Meinung, dass sie durch Radio und Fernsehen mehr Englisch lernen als in der Schule. Das liegt unter anderem daran, dass die Dänen typischerweise immer Untertitel haben. Sie sind eher genervt, wenn Filme synchronisiert sind. Wir Deutschen hingegen sind es gewohnt, dass fast alles synchronisiert wird. Die meisten sind sogar anti Untertitel eingestellt. Studien belegen jedoch, dass sich die Präferenzen ändern können, sobald man mit beiden Adaptionsmethoden vertraut ist.