Rollstuhlbasketball
Schwitzen in der Bundesliga
Die RBB München Iguanas sind aktuell das Tabellen-Schlusslicht in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga. Trotz ansteigender Form endete auch das letzte Spiel in einer Niederlage. Die Mannschaft muss voraus blicken: nicht nur in die Bundesliga, sondern auch Richtung Paralympics.
In dicken, hellbraunen Schuhen, auf denen man vergeblich nach einem neonfarbenen Sportartikelherstellerlogo sucht, stecken die Füße von Iguanas-Aufbauspieler Kim Robins. Und tatsächlich, der Australier trägt seine Winterstiefel – nicht seine Sportschuhe. „Ich habe sie leider heute zu Hause vergessen. Aber war ok so“, erklärt er. Im letzten Spiel gegen Wiesbaden hat der Aufbauspieler 36 Punkte für die RBB München Iguanas geworfen – am vergangenen Samstag nur 21. Vielleicht waren die Stiefel ein schlechtes Omen – vielleicht aber auch einfach der spielstarke Tabellenführer Thuringia Bulls, gegen den die Iguanas ran mussten.
Münchner im Tabellenkeller
Die Spielbilanz der Leguane sieht mit sechs Niederlagen in sechs Spielen nicht besonders rosig aus, dennoch geht die Formkurve nach oben: Beim letzten Auswärtsspiel gegen Wiesbaden fehlten nur sechs Punkte zum Erfolg. Dementsprechend groß war auch die Hoffnung, gegen den Tabellenführer Thuringia Bulls den Leistungstrend weiter auszubauen, auch wenn ein Sieg nicht wirklich erwartet wurde. Die Bulls sind amtierender Meister und gehören zu den erfolgreichsten europäischen Mannschaften der letzten Jahre. Nach einer sehr starken ersten Halbzeit mussten sich die Münchner den Gästen am Ende mit 49:92 geschlagen geben.
„Letzte Woche haben wir ein wirklich gutes Spiel gespielt und waren nah dran am Sieg. Heute waren das zweite und das dritte Viertel enttäuschend, aber der Anfang und das Ende waren okay. Wir wollen die Zeit, in der wir nicht so gut spielen, wie wir wollen, minimieren“, fasste es Robins zusammen. Welche Gründe dahinter stecken erklärte seine Teamkollegin Johanna Welin: „Wir haben einfache Lay-Ups verhauen. In die Defense sind wir auch nicht mehr richtig zurückgekommen und haben so dann das Momentum verloren. Wir schalten nicht schnell genug um, reden weniger miteinander und dann geht´s runter. Das darf nicht passieren.“
Paralympics im Hinterkopf
Sowohl Welin, die vor der aktuellen Saison wegen einer dreijährigen Baby- und Verletzungspause nicht mehr gespielt hatte, als auch der australische Top-Scorer Robins verfolgen jedoch nicht nur den Aufwärtstrend in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga: Im August wollen sie beide zu den Paralympischen Spielen nach Tokio reisen.
Welin, die bei den Paralympics 2012 in London Gold mit Deutschland gewann, sieht Tokio sowohl als Ziel als auch als große Herausforderung: „Der Plan und mein Ziel ist schon, zu den Paralympischen Spielen in Tokio zu fahren. Gefühlt bin ich momentan aber ziemlich weit weg von dem Niveau, wo ich hinwill. Dieses Jahr wird das nicht einfach sein, weil wir nicht so viele Maßnahmen haben, wie sonst immer, um uns auf die Paralympics vorzubereiten.“ Dabei ist der Paralympics-Trainingsplan nicht die einzige Herausforderung, die die 36-Jährige zu meistern hat – auch Familie und das parallel laufende Medizinstudium fordern ihre Aufmerksamkeit: „Ich bin dieses Jahr Vollzeit in meinem praktischen Jahr, dazu die Familie – es ist alles viel. Ich muss einfach mein Bestes geben, darf aber nicht zu hohe Erwartungen haben. Das wird sonst nicht funktionieren.“
Ungewisse Vorbereitung
Einen voraussichtlichen Trainingsplan gebe es bereits, darin sei viel Sport auch von zu Hause aus vorgesehen – aber: „Auch die Jungs, wenn sie Pause haben, ziehen meistens ganz gut mit über den Sommer und helfen uns Mädels, auf unser Ziel zuzuarbeiten. Da pushen wir uns alle gegenseitig.“ In der Bundesliga spielen die Vereine mit Mixed-Mannschaften, bei internationalen Turnieren sind Frauen und Männer getrennt. Robins ist der einzige männliche Leguan, der Hoffnung auf Tokio hat.
Sein Motto, um mit der australischen Nationalmannschaft nach Tokio zu reisen: „Konstanter spielen und eine Verbesserung in allen Bereichen”. Bis das Olympische Komitee im März entscheidet, ob die Spiele in diesem Sommer ausgetragen werden können, bleibt der 32-Jährige optimistisch und geht vom Besten aus: „Wir machen mit dem Training weiter. Außerdem ist es sehr wahrscheinlich, dass ich in Australien mit dem Nationalteam auch noch ziemlich viel Vorbereitungszeit haben werde. Ich werde mit den ganzen australischen Spielern zusammen sein ab einem gewissen Zeitpunkt. Vielleicht wird es schwieriger, weil es momentan komplizierter ist, zu reisen.“
Bevor es für die beiden im Optimalfall mit ihren Nationalteams in die Vorbereitungsphase geht, spielen sie am Samstag erstmal in der Bundesliga gegen den Tabellenvierten Hannover United. Es ist das letzte von drei Spielen, die den Iguanas noch bleiben, um den ersten Saisonsieg einzufahren. Sorgen um den Klassenerhalt müssen sie sich übrigens nicht machen, auch wenn die Saison sieglos beendet wird. Dass es in dieser Saison unter Pandemiebedingungen keine Absteiger geben wird, stand schon im letzten Sommer fest.