Was ist eigentlich “Geschmack”?
Schmeckt dir das?
“Das schmeckt mir nicht!” oder “Heute war das Essen aber besonders lecker!” – Essen hat einen großen Stellenwert in unserem Leben. Ob als ganz normale Mahlzeit, Festtags-Essen, Frust-Essen oder romantisches Candlelight-Dinner begleitet es uns jeden Tag, unser ganzes Leben lang. Aber was beeinflusst eigentlich, was ich gerne esse? Und was bedeutet es, dass mir etwas “schmeckt”?
Der Begriff “Geschmack” wird sehr unterschiedlich verwendet. Der eigentliche Geschmackssinn umfasst laut Molekularbiologe Maik Behrens nur die fünf Geschmacksqualitäten süß, sauer, bitter, salzig und umami. Dazu kommen dann noch weitere Sinneseindrücke, die im Alltag häufig auch als Schmecken mitbezeichnet werden. Zum Beispiel Textur, Temperatur und Geruch – also ob ein Gericht cremig oder knusprig, warm oder kalt ist und wonach es riecht.
Da läuft einem ja das Wasser im Mund zusammen!
Der Geruch spielt dabei eine besonders große Rolle. Die Geschmacksempfindung fängt nämlich schon beim Riechen an. Nicole Erickson, Ernährungswissenschaftlerin an der LMU, betont, dass allein der Geruch eines Nahrungsmittels einen Vorgeschmack im Mund auslösen kann, wodurch sogar schon Speichel produziert wird. Auch wie intensiv ein Geschmack wahrgenommen wird, wird stark vom Geruch beeinflusst. Dadurch schmeckt Essen zum Beispiel weniger gut, wenn eine Person erkältet ist und nur eingeschränkt riechen kann.
Ein bitteres Signal!
Der Eine liebt Lakritz und kann Chicorée nicht leiden – bei Anderen ist es umgekehrt. Bei vielen Lebensmitteln gehen die Vorlieben stark auseinander. Süßigkeiten und fettige, deftige Sachen sind dabei bei sehr vielen Menschen zugleich beliebt. Wie kommt es dazu? Gründe dafür liefert die Entwicklungsgeschichte des Menschen. Die fünf verschiedenen Grundgeschmacksrichtungen weisen auf Inhaltsstoffe und Eigenschaften der Lebensmittel hin.
Maik Behrens erläutert, dass ein “saurer” Geschmack zum Beispiel davor warnen kann, dass ein Lebensmittel eventuell noch nicht reif, verdorben oder bakteriell kontaminiert ist. Auch ein “bitterer” Geschmack kann eine alarmierende Wirkung haben und davor schützen, dass man potenziell giftige Substanzen zu sich nimmt. “Salzige” Lebensmittel sind dagegen wichtig für den Elektrolythaushalt. Die Geschmacksrichtungen “süß” und “umami” (was sich mit “herzhaft” umschreiben lässt) versprechen eine hohe Anzahl an Kalorien. Das ist, wenn man in der Evolution zurücksieht, etwas sehr Positives. Süße Lebensmittel liefern viele Kalorien in Form von Kohlenhydraten und herzhaftes Essen in Form von Proteinen. Auch wenn in der heutigen Zeit häufig Probleme mit hochkalorischen Lebensmitteln einhergehen, lässt sich grundsätzlich sagen: Süße und Herzhafte Speisen liefern viele Kalorien – die sind gut für uns, deshalb mögen wir dieses Essen.
Alles eine Sache der Gene?
Genetisch festgelegt ist die Art und Menge der auf unserer Zunge sitzenden Rezeptoren für die fünf Geschmacksrichtungen – süß, salzig, bitter, umami, sauer. Es ist also genetisch angelegt, wie stark die einzelnen Geschmacksrichtungen wahrgenommen werden. Das alleine bestimmt aber nicht, was uns gut schmeckt und was wir nicht mögen.
Laut Maik Behrens gibt es, was die Veranlagung der Rezeptoren betrifft, erstaunlich wenige Unterschiede. Bei den Bitterrezeptoren kommt es dabei noch zu den meisten Abweichungen. So kann es sein, dass manche Menschen Bitterstoffe stärker oder weniger stark wahrnehmen. Eine Person, die Bitterstoffe, zum Beispiel in Brokkoli, weniger stark empfindet, wird auch seltener eine Abneigung dagegen entwickeln.
Einen Martini mit Olive, bitte!
Im Laufe des Lebens können sich Vorlieben und Abneigungen gegenüber Lebensmitteln aber auch verändern. Kinder essen zum Beispiel oft ungern Oliven und lehnen auch den Geschmack von Kaffee ab. Viele Erwachsene dagegen trinken gerne Kaffee oder Alkohol – beides Getränke, die viele Bitterstoffe enthalten. Das kann daran liegen, dass Sie sich mit der Zeit an den bitteren Geschmack gewöhnt und positive Erfahrungen damit gemacht haben:
Wenn ich Kaffee trinke, bin ich danach wacher. Wenn ich dann dieses Wachheitsgefühl als etwas Positives empfinde, werde ich infolgedessen auch ein weiteres Mal Kaffee trinken.
Genauso kann auch eine negative Erfahrung mit einem Lebensmittel, das einem eigentlich geschmeckt hat, dazu führen, dass man es in Zukunft vermeidet.
Hot and spicy
Im Alltag wird auch häufig davon gesprochen, dass ein Gericht “scharf” schmeckt. Das ist genauer betrachtet nicht ganz richtig. Laut Maik Behrens fällt Schärfe nicht unter die fünf Geschmackrichtungen, sondern wird als Schmerz eingestuft. Statt einen Geschmack wahrzunehmen reagieren Rezeptoren im Mundraum auf den Hauptschärfestoff der Chili: einfach gesagt, es brennt. Auch an dieses Brennen können sich Menschen gewöhnen, was laut dem Molekularbiologen Vorteile haben kann. Schärfe hat nämlich antibakterielle Eigenschaften und kann so gegen bakterielle Kontamination von Lebensmitteln helfen. Das ist besonders in Ländern mit heißem Klima von Vorteil, genau in diesen werden auch häufiger scharfe Nahrungsmittel gegessen.
Was einzelnen Menschen individuell gut schmeckt ist somit von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Sowohl Gene als auch persönliche Erfahrungen beeinflussen welches Essen von als richtig lecker empfunden wird.