Alben für die Quarantäne #6
Sam Fender – Hypersonic Missiles
Quarantäne macht wenig Spaß, aber sie ist gerade sehr wichtig. Wenn ihr etwas Sinnvolles gegen die Langweile machen wollt, könnt ihr euch zum Beispiel Zeit für ein Gewerbe nehmen, das gerade seine Existenzgrundlage verliert: Die Kultur- und Musikindustrie. Die M94.5 Musikredaktion präsentiert euch passend dazu ein paar persönliche Lieblingsalben, die ihr unbedingt mal nachgeholt haben solltet…
„I’m not smart enough to change a thing, I’ve no answers, only questions, don’t you ask a thing.“
Sam Fender in “Hypersonic Missiles”
Pure Verzweiflung, die da aus dem Mund von Sam Fender kommt. Pure Verzweiflung aufgrund von Krieg, Kapitalismus oder dem scheinbaren Verschwinden von Menschlichkeit. Und deshalb ist da dieser Drang, das Verlangen, etwas ändern zu wollen. Aber auch gleichzeitig die Machtlosigkeit. Es ist selten, dass gleich der Anfang eines Albums derartig aktuell ist, wie der Opening Track aus Sam Fenders gleichnamigen Debütalbum Hypersonic Missiles.
Mehr als nur erwachsen werden
Der 24-jährige Brite hat in den letzten Jahren immer wieder vereinzelt Songs veröffentlicht. Vor zwei Jahren erschien seine EP Dead Boys. Schon da begann der Hype. Schnell wird klar: Der kann was! Nämlich ernste Lyrics mit eingängigen und einprägenden Melodien kombinieren, ohne dabei belanglos zu wirken. Sam Fenders Musik ist zeitgemäß, sie beschäftigt sich mit dem Erwachsenwerden. Es geht aber nicht nur darum, wie Mittzwanziger lernen, alleine klar zu kommen und nach und nach auf eigenen Beinen stehen. Es geht um mehr als “nur” das Gefühl von Unabhängigkeit. Es ist viel mehr das, was damit einher geht. “The Borders” thematisiert Tablettenabhängikeit und eine fehlende Vaterfigur. In “White Privilege” singt Sam Fender über genau das, was der Titel verspricht: privilegierte weiße Männer und toxische Maskulinität.
“The patriarchy is real, the proof is here in my song
Sam Fender in “White Privilege”
I’ll sit and mansplain every detail of the things it does wrong
‘Cause I’m a white male, full of shame
My ancestry is evil, and their evil is still not gone.”
Inspiriert vom “Boss”
Hätte Bruce Springsteen einen britischen Sohn, er wäre wahrscheinlich Sam Fender. Mit Glocken und treibenden Gitarren erinnert Sams Musik immer wieder an Springsteens Album Born To Run, nur eben 45 Jahre später. Trotzdem kopiert Sam Fender nicht. Er verknüpft seine Inspirationen mit eigenen Ideen, holt hier und da auch mal ein Saxophon dazu. Dass Sam Fender großer Fan vom “Boss” ist, betont er auch immer wieder in Interviews. Da wundert sich dann keiner mehr, dass er bei seinen Konzerten ein Cover von “Dancing In The Dark” mit auf die Setlist packt.
“I need to hear that sound”
Hört man Hypersonic Missiles von vorne bis hinten durch, bekommt man 48 Minuten voller Stories über ein Leben im Norden Englands, teenage angst und Gesellschaftskritik. Ehrliche Geschichten und wunderbarer Indie-Pop. Denn neben starken Lyrics sind es die treibenden Gitarren und eine markante Stimme von Sam Fender, die hängen bleiben. Ganz nach seinem Song “That sound”: I need to hear that sound. YOU need to hear that sound!