M94.5 Filmkritik
R.E.D. 2
Im Ruhestand extrem gefährlich: Zum zweiten Mal retten pensionierte Geheimdienst-Agenten mit ordentlich Krach und dummen Sprüchen die Welt.
Heißt man Edward Snowden, kann der Geheimdienst-Ruhestand tatsächlich ungemütlich werden. Da darf man in Russland um Asyl bitten, weil man der Weltöffentlichkeit verraten hat, dass der Job weniger actiongeladen ist als vermutet. Sämtliche Geheimdienste von NSA bis BND tun offenbar nichts lieber, als Daten im großen Stil zu sammeln. Das scheint auch deren Hauptgeschäft zu sein, glaubt man Interviews ehemaliger Agenten wie Leo Martin.
Im Kino sieht das ganze wesentlich spektakulärer aus: Von James Bond über Ethan Hunt bis Jason Bourne hinterlassen die fiktionalen Spione eine Spur der Verwüstung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Kein Wunder also, dass bei R.E.D. 2 die früheren Top-Agenten von CIA, MI6 und KGB mit Schießereien und Explosionen nicht gerade zimperlich umgehen.
Von Ruhe keine Spur
Mit dem ruhigen Ruhestand war es für Bruce Willis alias Frank Moses in Teil 1 schon vorbei. Immerhin konnte er darin Mary-Louise Parker erobern, mit der er es sich jetzt nett einrichten will. Die Herzdame allerdings will nicht beschützt werden, sie will etwas erleben. Zum Beziehungsretter fühlt sich Franks Kollege Marvin berufen. Der Paranoia-geplagte Ex-CIAler vertreibt den drohenden Alltagstrott schon wenige Minuten nach Filmbeginn: Es gilt, einen genialen Wissenschaftler aus einer Anstalt für geisteskranke Kriminelle zu befreien. Das Übermaß an interessant gestörten Persönlichkeiten tut dem Film gut. Denn oft genug ist die Story hahnebüchen, was sich am besten mit blankem Irrsinn ausbalancieren lässt. So macht sich die Bande zum Kreml auf, um eine legendäre Bombe aus red mercury sicherzustellen – ein Stoff, der zwar nicht existiert, aber zumindest für einen kleinen Wortwitz taugt.
Ein Oscar. Ein Golden Globe. Ein Emmy.
Die Riege ehemaliger Geheimdienststars erhält adäquat prominente Darsteller: Bruce Willis, Mary-Louise Parker, John Malkovich, Helen Mirren, Anthony Hopkins, Catherine Zeta-Jones und Brian Cox bringen es zusammen auf drei Oscars, acht Oscarnominierungen, acht Golden Globes, 22 Golden-Globe-Nominierungen, elf Primetime-Emmys und 16 Emmy-Nominierungen. Dass ein Sequel da nicht völlig daneben gehen kann, versteht sich beinahe von selbst. Der zweite Teil ist ähnlich überdreht wie R.E.D. und die Sprüche vom selben trockenen Humor. Ganz nebenbei fungiert der ganze Film als kleiner Beziehungsratgeber, und das mit Sicherheit wesentlich amüsanter als jedes Lebenshilfebuch gegen Beziehungstrott und Eifersucht.
Sequel gelungen, aber…
R.E.D. 2 ist ein famoser Spaß. Wer allerdings mit Teil 1 nichts anfangen konnte, kann sich hier definitiv die Kinokarte sparen. Wem maßlose Übertreibungen und logische Schwächen bei Action-Filmen die Freude nicht verderben, dem werden in knapp zwei Stunden ordentliche Effekte und zitierwürdige Dialoge geboten. Dieser Männerfilm mag sogar der einen oder anderen Feministin ein Grinsen entlocken, wenn Helen Mirren enorm abgebrüht und ziemlich sexy ihren Job als Auftragskillerin erledigt. Und wo den Drehbuch-Autoren die Gags nicht einfallen wollten, rettet eine andere Hauptdarstellerin die Szene – auf die Grimassen von Mary-Louise Parker ist stets Verlass.