Filmklassiker der Woche
Prisoners
Wie weit würde ein Mensch gehen, um sein Kind zu beschützen? Welche menschlichen Abgründe können sich dabei offenbaren? Mit genau diesen Fragen beschäftigt sich Regisseur Denis Villeneuve in seinem Psychothriller Prisoners.
Eigentlich fängt der Film ganz harmlos an: Zwei Familien treffen sich, um Thanksgiving zu feiern, die Stimmung ist entspannt. Das ändert sich allerdings schlagartig, als die beiden kleinen Töchter plötzlich verschwinden. Daraufhin beginnt eine verzweifelte Suche nach den Entführten. Im Mittelpunkt stehen dabei Detective Loki, der den Fall untersucht, und Keller Dover, einer der Väter, der die Suche nach seiner Tochter und deren Freundin lieber in die eigene Hand nimmt. Ein Verdächtiger ist schnell gefunden: Alex Jones, neben dessen Wohnmobil die Mädchen gespielt hatten, kurz bevor sie verschwunden waren. Dieser wird jedoch schnell wieder freigelassen, da er den IQ eines 10-Jährigen hat und deshalb laut Polizei die Tat gar nicht begangen haben kann. Keller ist allerdings fest überzeugt, dass Jones der Täter ist und entführt diesen, um mit Hilfe von Folter herauszufinden, wo sich die beiden Mädchen befinden.
DIE FRAGE NACH DER MORAL
Prisoners ist ein extrem düsterer Film, der sich immer wieder mit der Frage nach Gut und Böse beziehungsweise Richtig und Falsch beschäftigt. Das Gesetz, vertreten durch Detective Loki, steht auf der einen Seite, und der verzweifelte Vater Keller, der keine Mittel und Wege scheut, auf der anderen. Der Film beantwortet die Frage nach Richtig und Falsch jedoch nicht, sondern lässt das Publikum damit ringen. Wie weit würdet ihr gehen, um eine geliebte Person zu schützen? Es wird klargemacht, dass die Welt nicht nur aus Schwarz und Weiß besteht.
Die Stärke des Films liegt unter anderem darin, dass Gewalt oft nicht direkt gezeigt wird, sondern der Vorstellung der Zuschauer:innen überlassen wird. Da die Vorstellungskraft unendlich ist, wirkt das deutlich intensiver als eine direkte Gewaltdarstellung.
Die triste, graue Welt des Films wird dabei wunderbar von Kameramann Roger Deakins eingefangen. Mit Licht und vor allem vielen Schatten und Dunkelheit, tragen die Bilder zur dichten, düsteren Atmosphäre von Prisoners bei.
PRAY FOR THE BEST, PREPARE FOR THE WORST
Auch das Innenleben der Charaktere scheint von Finsternis geprägt zu sein. Obwohl Keller Dover nach dem Motto „Bete für das Beste, bereite dich auf das Schlimmste vor“ lebt, verliert er zusehends die Kontrolle. Hugh Jackman bietet hier als Mann voller Verzweiflung und Wut eine fantastische Darstellung. Jake Gyllenhaals Figur, Detective Loki, ist zwar deutlich ruhiger und kontrollierter, doch je mehr Zeit vergeht, desto verzweifelter wirkt auch er. So zeigt Gyllenhaal wieder einmal die Spannbreite seines schauspielerischen Könnens.
Prisoners ist aber kein reiner Rachethriller, sondern auch ein spannender Detektivfilm. Nach und nach werden immer mehr rätselhafte Hinweise aufgedeckt und es ergibt sich ein Gesamtbild, mit dem sich langsam erschließen lässt, was hier geschehen ist.
Obwohl der Film etwa zweieinhalb Stunden lang ist, fühlt er sich zu keiner Sekunde langatmig an, sondern schafft es immer, die Aufmerksamkeit der Zuschauer:innen zu halten. Die Intensität und Düsternis tragen aber trotzdem dazu bei, dass man sich nach dem Abspann ein bisschen fühlt, als hätte man einen Marathon überstanden.
Prisoners ist aktuell bei Amazon Prime zu sehen.