Home-Office oder Freistellung?
Die Grenzen des Home – Office
Die Einschränkungen durch die zunehmende Ausbreitung des Corona-Virus machen sich mittlerweile in allen Bereichen bemerkbar. Dass Home-Office dabei nicht gerade die Go-to-solution ist, bekommen jetzt vor allem Praktikanten und Freiwillige zu spüren. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt oft fristgerecht in Quarantäne.
Hochbetrieb an den Gates internationaler Flughäfen. Die Anzeigetafeln verkünden Verspätungen und Flugausfälle. Neu verhängte Einreiseverbote lassen zahlreiche Passagiere im Unwissen über ihre Weiterreise. Mittendrin: Eine Gruppe junger Freiwilliger, auf den Schultern Backpacks und Versorgung für ein Jahr. Ihr Ziel: Myanmar, Johannesburg, Boston. Die Wohnung untervermietet, der Job gekündigt, alles bereit für ein Auslandsjahr, das noch an diesem Flughafen enden wird, bevor es überhaupt begonnen hat. Dieses Schicksal erwartet momentan zahlreiche junge Menschen, die mit internationalen Organisationen und Freiwilligendiensten auf dem Weg ins Ausland sind. Personen, die sich aktuell auf der Ausreise befinden, werden noch an innereuropäischen Zwischenstopps eingesammelt und zurückgeschickt.
Das große Abenteuer abgesagt
Simon Kallfaß ist seit sechs Monaten als Freiwilliger der „weltweiten Initiative“ in Südafrika unterwegs. 13 Monate hätte sein Engagement im Ausland dauern sollen. Jetzt wird er zurückgeholt. Für ihn, wie für so viele: Eine große Enttäuschung.
„Wir hatten eigentlich unser Halbzeit-Seminar und das Ganze ist dann eigentlich innerhalb von zwei Tagen passiert. Da ist dann die Nachricht von unserer Organisation gekommen, dass sie uns empfehlen, dass wir ausreisen sollen und zurück nach Deutschland kommen sollen. Unsere Organisation hat dann auch direkt Flüge gebucht. Innerhalb von zwei Tagen ging dann alles ziemlich schnell.“
Eine Entschädigung für Miet- und Flugkosten gibt es laut Simon nicht, das Engagement ist schließlich staatlich finanziert. Ein kleines Entgegenkommen der Organisationen gibt es allerdings doch: Simon werden auch seine sechs Monate im Ausland als Freiwilliges Soziales Jahr angerechnet. Zudem bieten viele Organisationen nun die Möglichkeit, sich entgegen der allgemeinen Regelung im kommenden Jahr erneut für einen Freiwilligendienst bewerben zu können.
Allgemeine Aufbruchsstimmung
Nicht nur an den Flughäfen, auch in den Redaktionen herrscht „allgemeine Aufbruchstimmung“, so formuliert es M94.5-Kulturleitung Sarah Fischbacher. Sie hospitiert gerade im Rahmen eines sechs-wöchigen Praktikums bei Deutschlandfunk Kultur in Berlin und erlebt selbst, wie Kartons gepackt und Büropflanzen mit ins Home-Office verfrachtet werden. So verlockend ein Büro in den eigenen vier Wänden auf den ersten Gedanken auch erscheint, möglich ist es bei weitem nicht für alle Redaktionsmitarbeiter. Problematisch ist oft der Zugriff auf spezielle Programme und Techniken.
Die Lösung liegt deshalb für viele Arbeitgeber nahe: Personen werden entlassen, Arbeitsverträge aufgelöst. Dabei sind es meistens die Praktikanten, die die Konsequenzen solcher Maßnahmen als Erste zu spüren bekommen.
Der rechtliche Rahmen
Unklar ist oft, inwieweit Arbeitgeber in einem solchen Spezialfall zur Verantwortung gezogen werden können. Laut Dr. Julia Friemel, Rechtsanwältin und Inhaberin einer Kanzlei für Arbeitsrecht und Konfliktklärung, ist die Lage zwar prekär, allerdings bestehen derzeit keine speziellen arbeitsrechtlichen Vorschriften. Ausgenommen davon seien lediglich einige Sonderregelungen der Vorschriften zum Kurzarbeitergeld, die anlässlich der aktuellen Situation nachträglich angepasst wurden. Die Lage in der Corona-Krise sei jedoch klar geregelt:
„Wenn der Arbeitnehmer sagt, ich möchte aus Angst vor einer Infektion nicht ins Büro gehen und bleibt von sich aus zu Hause, dann verliert er seinen Vergütungsanspruch. Wenn allerdings der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von sich aus Gründen der Vorsicht freistellt, dann bleibt der Arbeitgeber verpflichtet die Vergütung weiter zu zahlen“
Die Regelungen für Praktikanten sind laut Dr. Julia Friemel in diesem Fall etwas komplizierter. Entscheidend sei es hierbei, ob primär der Lernaspekt oder vielmehr die Arbeit und Vergütung im Vordergrund stehen. Im zweiten Fall hat auch ein Praktikant weiterhin Anspruch auf sein Gehalt über die Dauer von sechs Wochen, vorausgesetzt er wird vom Arbeitgeber freigestellt.