macht:wort
Political Correctness
Unser IGTV-Format macht:wort erklärt Begriffe und deren Kontext, um den Wortschatz hin zu einer diskriminierungsfreien Sprache zu erweitern. In Folge 07 geht es um „Political Correctness“ – woher kommt das eigentlich und was bedeutet es? Darüber haben wir mit Professor Carsten Reinemann, Lehrstuhlinhaber für politische Kommunikation am IfKW München, und Dr. Charlotte Lerg, akademische Rätin am Amerika-Institut der LMU München, gesprochen.
“Die Wurzel dieser gesamten Political Correctness Debatte ist ja, dass Sprache Wirklichkeit nicht nur abbildet, sondern auch Wirklichkeit schafft.”
Dr. Charlotte Lerg
Entstehung und Wahrnehmung
Der Begriff hat sich im Laufe der Zeit sehr gewandelt. Die konkrete Auseinandersetzung mit “Political Correctness” als Sprache, so wie wir sie kennen, hat in den 1980er Jahren angefangen, als Student:innen an amerikanischen Universitäten demonstriert haben. Der Hauptgrund dafür waren Kurse über die westliche Zivilisation, in denen Diversität fehlt. Deswegen wurde mehr Repräsentation von Minderheiten im Kursangebot und in der Sprache gefordert. Aus diesem Kontext haben sich die sogenannten “Speech Codes” entwickelt. Das sind Sprachregeln für den Umgang in einer vielfältigen und toleranten Gesellschaft.
Daraus ziehen wir heute unser Verständnis für politisch korrekte Sprache. Politische Korrektheit wird aber unterschiedlich wahrgenommen. Es gibt die Auffassung, dass politisch korrekte Sprache als inklusives Mittel funktioniert, um Menschen einzuschließen. Viele Menschen haben aber die Befürchtung das so eine Veränderung ein zu großer Eingriff in die Sprache ist.
“Das ist natürlich etwas, das man ernst nehmen muss. Vollkommen unabhängig davon, wie man selber zu der Verwendung politisch korrekter Sprache steht.”
Professor Dr. Carsten Reinemann
Zusätzlich nutzen Rechtspopulist:innen Political Correctness als Kampfbegriff.
Schaffung eines Bewusstseins
“Das ist ja das, was eigentlich auch die ursprüngliche Idee von Political Correctness war – nämlich ja, dieses bewusst werden.”
Dr. Charlotte Lerg
Politisch korrekte Ausdrucksweisen haben sich aber auch entwickelt, weil sich unsere Gesellschaft ihrer Vielfalt immer bewusster wird. Menschen in unserer Gesellschaft erfahren Diskriminierung – diese muss abgebaut werden, auch in der Sprache.
Vor allem Schimpfwörter und „Slurs“ sind ein Problem. Schimpfwörter haben eine beschreibende Ebene, wie zum Beispiel die Bezeichnung “Ferkel” – diese kritisiert mangelnde Köperhygiene. Für den Begriff „Slurs” gibt es keine passende deutsche Übersetzung. Zwar sind das auch Beleidigungen, sie unterscheiden sich aber teilweise sehr deutlich von Tabu- und Schimpfwörter. Sie sind klar abzugrenzen, weil sie eine Person aufgrund der Zugehörigkeit zu einer speziellen Gruppe angreifen. Eine Neubesetzung solcher Wörter erntet aber meistens die Kritik, dass die negative Konnotation mit übernommen wird.
Die heutige Bedeutung von Political Correctness
“Menschen so zu bezeichnen, wie sie bezeichnet werden wollen, ist keine Frage von Höflichkeit, auch kein Symbol politischer Korrektheit oder einer progressiven Haltung – es ist einfach eine Frage des menschlichen Anstands. Ich verzichte darauf, andere trotz ihres Widerspruchs anders zu benennen, als sie es wünschen. Ich verzichte darauf, ihre Perspektive zu unterdrücken, der ich stattdessen Raum gebe.”
Kübra Gümüşay in ihrem Buch “Sprache und Sein”
Der Begriff verändert sich und hat nicht mehr nur die Idee, ein Bewusstsein zu schaffen. Durch die Verwendung als politischer Kampfbegriff ist „politisch korrekt“ teilweise auch schon negativ besetzt. In den USA hat Political Correctness mit den „Speech Codes“ sogar zu gesetzmäßigen Regelungen geführt. Bei uns in Deutschland ist das nicht der Fall. Aber auch bei uns gibt es ein Bedürfnis nach Veränderung der Sprache.