M94.5 Oscar-Nacht

And the Oscar Goes to….?

/ / Bild: © Toby Canham, Academy of Motion Picture Arts & Sciences

Seid ihr vorbereitet für die Oscar-Nacht? Habt ihr Popcorn und spaßige Getränke eingekauft und ein paar eurer Freund:innen eingeladen? Oder hört ihr gerade zum ersten Mal davon, dass heute Nacht in Los Angeles die 97. Oscars verliehen werden?

Das ist natürlich auch verständlich, deswegen hier kurz nochmal die wichtigsten Infos zu den Oscars 2025: Die Übertragung findet auf ProSieben statt und beginnt nach unserer Zeit um 23:45 mit dem Countdown zu den Oscars. Um 1:00 wird es dann ernst und die Verleihung beginnt. Wer sie in Deutschland verfolgen möchte, muss also Durchhaltevermögen zeigen und lange wach bleiben. Wir auf m94.5 haben das vor und werden die Veranstaltung live on-Air begleiten. Hört also gerne mal rein und verbringt die Oscar-Nacht mit uns. Und für alle, die ihren Schlaf brauchen: Die Highlights der Sendung könnt ihr auch morgen noch auf Social Media und in unserer Mediathek finden.

Als kleiner Vorgeschmack für die Sendung sind hier ein paar Gedanken unserer Redakteur:innen zu den diesjährigen Nominierungen für den besten Film:

Anora

Amerikanische Stripperin heiratet russischen Millionärssohn in Las Vegas. Das klingt erstmal nach Cinderella im heutigen Amerika. Genau so fängt Sean Bakers neonlichtgetränkte Love-Story auch an: Anora, genannt Annie ist 23, selbstbewusst hat Lametta im Haar und arbeitet in einem Stripclub. Eines Abends knackt sie dann scheinbar gegen Ende ihrer Schicht den Jackpot: Sie lernt Ivan kennen, der gerne in den USA bleiben möchte. Die beiden brennen also romantisch in Las Vegas durch.

Als seine Oligarcheneltern ihm eine Gruppe von Handlangern auf den Hals hetzen um Schlimmeres zu verhindern, macht Ivan sich aus dem Staub und lässt Annie mit seinen Verfolgern zurück. Gemeinsam machen sie sich auf dem Weg, um Ivan in der russischen Nachtwelt Coney Islands zu finden. Sean Baker subvertiert die Cinderella-Erwartungen und nimmt uns mit auf eine Nachtfahrt in der auf Englisch, Russisch und Armenisch Themen wie Klasse und Sex Work behandelt werden und bleibt dabei doch liebevoll und witzig. Maria Krampfl

The Brutalist

Der jüdische Architekt László Tóth überlebt den Holocaust und kann 1947 von Europa nach Amerika fliehen. Schon beim Einfahren in den Hafen von New York wird klar, einfach wird es nicht. Die Freiheitsstatue steht kopf und lässt für die nächsten 3 Stunden und 35 Minuten nichts Gutes verheißen. Das Gefühl in Amerika nur geduldet zu werden, bleibt sein ständiger Begleiter. Als der besagte Unternehmer Harrison Lee Van Buren László als Architekt des Bauhausstils wiedererkennt, darf er für ihn gleich ein ganzes Gemeindehaus errichten. Doch das Bauwerk entpuppt sich bald als reine Machtdemonstration und László lernt den wahren Preis dieses Bauprojekts kennen.  

Zwischen abwertender Demütigung und eigener Selbstverwirklichung kämpft er zusätzlich mit seiner Morphium-Abhängigkeit. Der Film mit Architektur-Fokus schafft es, die 3h 35 nicht endlos wirken zu lassen. Er fesselt vor allem mit seiner Bildgewalt. Auch wenn es keine emotionalen Peaks gibt, die einen aus dem Kinosessel reisen, ist es vielleicht genau das, was den Film so authentisch macht. Die Erschöpfung nach dem Krieg, die Desillusionierung von einem glücklicheren Leben und der immer gleiche Kampf mit den Mächtigen. Das zeigt sich in jeder Faser dieses Films. Giulia Mauro

A Complete Unknown

Bob Dylan ist einer der bekanntesten Musiker aller Zeiten, geliebt für seine genialen Texte und unverwechselbare Stimme. Niemand hätte diese Legende einer neuen Generation von Musik- und Filmfans besser näherbringen können als die moderne Ikone Timothée Chalamet, der in der Hauptrolle brilliert. Der Film beginnt im Jahr 1961, als Dylan nach New York zieht, um seinen Traum von der Folk-Musik zu verwirklichen.

Während sich im Hintergrund die Zeiten rasant ändern und die politischen Spannungen zunehmen, lernt er bei einem Konzert die Studentin und Aktivistin Sylvie Russo kennen, gespielt von Elle Fanning. Aber wer auf eine klassische Liebesgeschichte hofft, wird enttäuscht – die einzige echte Chemie besteht zwischen Dylan und seiner Gitarre, die er während der gesamten 150 Minuten kaum aus der Hand legt.  Mit der Unterstützung seiner Musiker-Kollegen, darunter Johnny Cash, großartig gespielt von Boyd Holbrook, entfacht Dylan eine musikalische Revolution. Dabei verärgert er viele seiner Fans und die Musikbranche – inspiriert jedoch Millionen.  Christopher Bielenberg

Conclave

Die Augen der ganzen Welt sind auf den Vatikan gerichtet – der Papst ist verstorben und religiöse Oberhäupter der ganzen Welt reisen an, um einen Nachfolger zu bestimmen. Schon bei den Oscars 2023 konnte Regisseur Edward Berger sich beweisen, als er neun Nominierungen und vier Auszeichnungen für seine Adaption des Kriegsdramas “Im Westen Nichts Neues” mit nach Hause nahm.

Acht Oscarnominierungen hat dieses Jahr das 121-minütige Religionsdrama “Konklave” erhalten: Neben Nominierungen für den besten Film und das beste adaptierte Drehbuch dürfen sich auch der einstige Harry-Potter-Bösewicht Ralph Fiennes und die ikonische Schauspielerin Isabella Rossellini über Nominierungen für ihre Schauspielleistung freuen. Taktvoll spiegelt “Konklave” die Machtverhältnisse, Intrigen, und Strategien hinter verschlossenen Türen der Papstwahl wider und punktet dabei mit straken Bildern, einer satten Farbpalette, unvergesslicher Architektur, und aufregenden musikalischen Momenten. Juno Graner

Dune: Part II

Paul, der einzige Überlebende seines Adelshauses findet beim Wüstenvolk der Fremen Zuflucht. Sie sehen in ihm einen Propheten, der die Fremen in eine glorreiche Zukunft führen soll. Paul wird von ihnen immer mehr akzeptiert – und hat auch immer mehr mit dem ihm auferlegten Schicksal zu kämpfen. Es ist eine larger than life Story, die der Film erzählt. Er wechselt oft zwischen den Fraktionen und Figuren hin und her, was echt verwirren kann. Aber ein Element erdet Dune Part Two: die Beziehung zwischen Paul und Chani, einer jungen Fremen.

Vertrauen entsteht und Vertrauen wird auch gebrochen. Was den Film am Ende aber erst wirklich zu etwas Besonderem macht, sind die Musik und die Visuals. Hans Zimmers Kompositionen, wie ihr sie etwa am Anfang von diesem Beitrag gehört habt, sind unfassbar dynamisch – sie wechseln mühelos zwischen Dramatik, Action und Nachdenklichkeit. Und die Shots des Wüstenplaneten Arrakis, auf dem der Film spielt, sind bis ins kleinste Detail durchdacht. So, wie man es vom Perfektionisten Villeneuve auch nicht anders kennt. Weltraumopern von diesem Kaliber und dieser Qualität, die sieht man selten. Pavel Fridrikhs

Emilia Péréz

Eine Anwältin Mitte 30 sitzt an einem belebten Marktplatz, um am Plädoyer für ihren Mandaten, einem misogynen Mörder, zu feilen. Doch ihre Rolle als kleines Zahnrad in einer großen Firma ändert sich kurze Zeit später, als sie der Kartellboss Manitas anheuert. Sie soll ihm dabei helfen, unterzutauchen, um sein altes Leben voller Tod und Gewalt hinter sich zu lassen. Der Grund dafür: Er fühlt sich schon von Kindesbeinen an im falschen Körper und will sich geschlechtsangleichend operieren lassen um als Frau leben zu können.

Besonders die Musik und die beeindruckenden Choreographien sind es, die Emilia Perez immer wieder zu einem Erlebnis machen. Die Kamera ist dabei oft nah an den Schauspieler:innen dran und schwebt im Raum umher. So fühlt sich der Film oft an, als wäre er in einem konstanten Fluss, von dem sich die Zuschauer:innen mitreißen lassen können. Doch die Themen, denen sich Audiard annimmt, entgleiten ihm im Verlauf des Films häufig. Das fällt gerade deswegen auf, weil immer wieder einige der zahlreichen Figuren hinten herunterfallen. So wirken einige Storyentwicklungen teils etwas zu abrupt und gerade das Finale läuft deutlich zu schnell ab. Dennis Reinhart

I’m Still Here

Quiz für unseren nächsten Oscar-Film: Darin sind sowohl eine aktuell Oscar-nominierte Hauptdarstellerin als auch ihre ehemals Oscar-nominierte Mutter zu sehen. Die Rede ist von Für immer hier, dem neuen Film von Walter Salles. Fernanda Torres spielt darin gemeinsam mit ihrer Mutter, Fernanda Montenegro. Für immer hier spielt im Jahr 1971 in Rio de Janeiro. Zu dem Zeitpunkt eine Militärdiktatur im Land herrschte, die kritische Stimmen gerne zum Schweigen brachte und viele Menschen folterte und ermordete.  

Im Zentrum steht die Familie Paiva. Der Vater, Rubens Paiva, wird eines Tages von Söldnern des Regimes verhaftet, weshalb seine Frau, Eunice Paiva, jetzt allein um ihre fünf Kinder kümmern muss. Gleichzeitig findet sie sich nicht mit ihrem Schicksal ab, sondern sucht die ganze Zeit nach ihrem Mann. Diese Handlung trägt die zweieinhalb Stunden Laufzeit aber nur schlecht. Für immer hier kriecht aber förmlich vor sich hin, weil er Momente des Alltags immer wieder wiederholt, ohne den Figuren neue Facetten abzugewinnen. Figuren ist sowieso das Stichwort, denn so viel erfährt das Publikum dann auch nicht über sie; gerade die Kinder bleiben doch sehr blass in ihrer Charakterzeichnung.

Es ist vor allem Torres, die den Film sehenswert macht. Empfehlbar ist er aber trotzdem nur eingeschränkt. Wer eine künstlich aufgeblasen Familiensaga sehen möchte, die sich die meiste Zeit aber bewusst im Kreis dreht, kann natürlich Freude daran haben. Alle anderen müssen sich auf ein teils frustrierendes Filmerlebnis einstellen. Dennis Reinhart

Nickel Boys

2024 erstellte der Staat Florida einen 20 Millionen Dollar Restitutionsfond, für Überlebende einer Besserungsanstalt. Jungs zwischen 5 und 20 wurden dort hingeschickt. Manche für Verbrechen wie Vergewaltigung andere, weil sie geraucht hatten oder die Schule geschwänzt. RaMell Rosses Film Nickel Boys basiert auf der systematischen Gewalt, die in dieser Schule ausgeübt wurde.

Der 17-jährige Elwood Curtis lebt mit seiner Großmutter Hattie in Tallahassee. Unter falschen Anschuldigungen wird er auf die Nickel Academy Besserungsanstalt geschickt. Dort werden die Jungs geschlagen, gedemütigt und zur härtesten Arbeit gezwungen. Die Gewalt, die sie dort erfahren basiert auf der echten Florida School for Boys, die erst 2011 geschlossen wurde. Zwischen den Erfahrungen in der Nickel Academy, werden durch den Film kurze Szenen in den frühen 2000ern und der jetzigen Zeit eingespielt. Sie zeigen, wie jemand der “Elwood” genannt wird seine Erfahrung von damals verarbeitet und mit ihr lebt. Es werden auch Ausschnitte von verschiedenen Medien eingeblendet. Bilder aus dem Weltraum oder die Civil Rights Bewegung. Aber auch Bilder von der echten Nickel Academy und den Gräbern die dort gefunden wurden. 

Der ganze Film ist aus erster Perspektive gefilmt. Er fühlt sich an wie eine Zusammensetzung von Erinnerungen. Vielleicht können deswegen einzelne Standbilder aus dem Film, auch selbstständig eine unglaublich Starke Aussagekraft haben. Deshalb ist es vielleicht auch passend, dass der Film an manchen Stellen wie ein Horrorfilm erscheint. Nickel Boys ist von seinen ersten bis zu seinen letzten Momenten eine zutiefst emotionale Erfahrung. Julie Dissou

The Substance

The Substance gehört zu einem Genre, das schon lange für eine Oscar-Nominierung überfällig war: Body Horror. Und The Substance ist nicht nur einer der besten Body-Horror-Filme der letzten Zeit, sondern auch der Film, der es am meisten verdient, bei den Oscars als bester Film ausgezeichnet zu werden. Die Geschichte handelt von einer ehemals berühmten Schauspielerin, die eine Midlife-Crisis durchmacht, nachdem ihr der einzige Job gekündigt wurde, der ihre Karriere am Leben gehalten hat. Zu ihrem Glück könnte ihre Karriere gerade wieder aufblühen, als ein geheimnisvolles Unternehmen auf sie aufmerksam wird und ihr die Chance bietet, in einem neuen Körper wiedergeboren zu werden.

Sie erhält ein Medikament namens „The Substance“, das bei unsachgemäßer Anwendung unerwünschte Nebenwirkungen hat. Besessen von ihrem neuen Ich beginnt sie, die Anweisungen der Firma zu ignorieren, was zu beunruhigenden Konsequenzen führt. Regie führt Coralie Fargeat, die bereits mit ihrem vorherigen Film Revenge bewiesen hat, dass sie verstörende, blutige Sequenzen stilvoll inszenieren kann. Wenn die jüngere Sue auftaucht, ahmt Fargeat den männlichen Blick Hollywoods und den Wunsch nach Sex-Appeal nach. Wenn Elizabeth auftaucht, spiegelt Fargeat die Abscheu und das Entsetzen der Industrie gegenüber einer natürlichen Entwicklung im Leben wider: dem Alter. Im weiteren Verlauf des Films steigert sich das Grauen und gibt Fargeat die Zeit, ihr gewieftes Auge für das Grosteke zu zeigen. Dieser Film ist eines der schönsten blutigen Schlamassel der Filmgeschichte. Andre Foster

Wicked

Wie bei jeder Musical-Verfilmung stellt sich auch bei Wicked die Frage, ob der Film auf der Leinwand wirklich glänzen kann oder nur im Schatten der unfassbar erfolgreichen Broadway Version bleibt? Das Herzstück des Films sind natürlich die Darstellerinnen. Cynthia Erivo als die grünhäutige Elphaba und Ariana Grande als die quietschig-perfekte Glinda – oder wie Elphaba sie beschreibt: „Blond“. Die beiden müssen sich an der magischen Universität Glizz ein Zimmer teilen und kommen mehr oder weniger gut miteinander aus. 

Wickeds Drehbuch bleibt nah an der Broadway-Vorlage, was einerseits zugunsten der zahlreichen Songs ausfällt, andererseits aber vielleicht daran hindert, emotional ganz in die Handlung einzutauchen. Trotzdem liefert Wicked viele beeindruckende Momente und Bilder. Durch die großen Kamerafahrten über die in weiten Teilen wirklich als Set gebauten Landschaften bekommen die Zuschauer:innen das Gefühl, selbst durch das magische Reich Oz zu fliegen. Choreographien, Musik und die detailreich gestaltete Zauberwelt machen den Film zu dem, was man eben von einem Filmmusical erwartet. Insgesamt ist und bleibt Wicked nämlich genau das. Lorenz Beckmann