Filmkritik

Oppenheimer

/ / Bild: © Universal Pictures

Christopher Nolan hat bereits wahre Epen des modernen Hollywood-Kinos abgeliefert. Mit Oppenheimer wagt er sich nun an ein Porträt des Vaters der Atombombe – und überzeugt dabei genauso sehr wie er enttäuscht.

1942. Der Zweite Weltkrieg ist in vollem Gange und die Sorge, dass Deutschland an dem Bau einer Atombombe arbeiten könnte, wächst. Also wird in den USA das Manhattan-Projekt gestartet, um selbst eine solche Waffe zu entwickeln. J. Robert Oppenheimer übernimmt die Projektleitung und befindet sich sofort in einem Wettlauf, dessen Ausgang den Verlauf des Krieges beeinflussen wird.

“Now, I am become Death, the destroyer of worlds.”

J. Robert Oppenheimer

Ein Film mit zu vielen Baustellen

Oppenheimer startet allerdings nicht im Krieg, sondern davor, denn neben der eigentlichen Arbeit an der Bombe werden Phasen aus Oppenheimers (Cilian Murphy) Studienzeit erzählt. Für einen Film, der sich zentral um eine einzige Figur dreht, eigentlich ein guter Ansatz. Jedoch wird durch seine Vergangenheit im Schnelldurchlauf durchgerast, sodass keine Zeit bleibt, das Gesehene einzuordnen oder den namensgebenden Protagonisten besser kennenzulernen. Auch die Zeit nach dem Abwurf der beiden Atombomben nimmt viel Raum ein, ohne dabei wirklich spannend oder aussagekräftig zu sein. Da kann selbst ein Robert Downey Jr. als Antagonist die langatmige Handlung nicht mehr retten. Insgesamt ist der Film mit seinen drei Stunden Laufzeit zu aufgebläht und hätte durchaus 40 Minuten kürzer sein können.

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Trailer zu “Oppenheimer”

Kalte, blasse Charaktere

Man ist es von Nolan ja durchaus gewöhnt, dass er seine Charaktere oft sehr kalt und statisch inszeniert. Doch hier fällt das besonders negativ auf, da die Figuren hier mehr Bedeutung haben als in anderen Filmen des Regisseurs. Das fängt schon bei Oppenheimer selbst an. Das Publikum erfährt so gut wie nichts über den Namensgeber des Films, was nicht mit seiner Arbeit zusammenhängt. Alles was ihn als Mensch auszumachen scheint, sind hochkomplizierte Formeln, die er mit Kreide an eine Tafel kritzelt. Aber auch der Rest des Casts erfährt so gut wie keine Charaktertiefe. Alles was die Zuschauer:innen auf der Leinwand zu sehen bekommen, ist eine Gruppe von Wissenschaftler:innen, deren Namen und Erscheinung so uninteressant sind, dass man sie in der nächste Szene bereits wieder vergessen hat. Trotzdem erwartet der Film, dass man sämtliche Figuren im Kopf behält, ebenso wie ihre Motivationen. Dabei schafft er es jedoch nicht, diese Motivationen vernünftig zu erklären.

Stark inszenierte Spannung

Mit einer kompakten Handlung und gut erzählten Charakteren kann Oppenheimer also nicht punkten. Dafür aber mit starken Einzelmomenten. Nolan weiß, wie er die Werkzeuge des Kinos einsetzen muss, um Spannung zu erzeugen und diese auch lange aufrecht zu erhalten. Die besondere Stärke ist dabei das Sounddesign, welches mit mühevollster Präzision bis ins kleinste Detail perfektioniert wurde. Visuell kann Oppenheimer zwar auch überzeugen, jedoch ist man von Nolan eigentlich Bombastischeres gewohnt, weshalb der Film weniger beeindruckend ist, als erhofft. Trotzdem merkt man auch hier, dass Nolan seine Filme für den großen Effekt auf der großen Leinwand produziert. Wer sein neuestes Werk also sehen will, der sollte sich unbedingt ins nächste Kino begeben.

J. Robert Oppenheimer bei einem Bombentest © Universal Pictures

Insgesamt kann Oppenheimer die großen Erwartungen, die er aufgestellt hat, nicht erfüllen. Das soll aber nicht heißen, dass es sich hier um einen schlechten Film handelt. Seinem eigenen Anspruch kann er aber schlicht und ergreifend nicht gerecht werden.

Oppenheimer startet am 20. Juli in den deutschen Kinos.