M94.5 Filmkritik
Opfer für die Kunst
Paul Gauguin war sein Leben lang auf der Suche nach dem Wilden und Ursprünglichen. Seine aufreibende Reise ist wie gemacht für die große Leinwand.
“Alles, was ich gelernt habe, hat mich behindert”, sagt Paul Gauguin und will damit seine Frau überzeugen, gemeinsam mit ihm und den Kindern nach Tahiti zu reisen. Die exotische, unzivilisierte Umgebung soll ihm als Inspirationsquelle dienen.
Das erfolglose Genie
Gauguin wird sich 1891 allein ans “Ende der Welt” aufmachen, wird mit Armut und gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben, seine Frau wird sich von ihm scheiden lassen. Er wird Tahiti erkunden, er wird sich verlieben, wie von Sinnen an Bildern und Skulpturen arbeiten und trotzdem keinen Erfolg haben. Diese erste Reise Paul Gauguins nach Französisch-Polynesien (wie Tahiti damals noch hieß) hat der Maler schriftlich festgehalten: Noa Noa heißen die Erinnerungen, die die Grundlage für den Film Gauguinbilden.
Ein Mann, der sich für seine Bestimmung aufopfert
Die Geschichte erstreckt sich über knapp zwei Jahre, historisch geht es im Film nicht ganz korrekt zu. Als Zuschauer bekommt man aber einen guten Eindruck davon, wie kompromisslos Gauguin seine Berufung verfolgt hat. “Ich bin nicht lächerlich, ich kann es gar nicht sein, denn ich bin zwei Dinge, die niemals lächerlich sind: Ein Kind und ein Wilder”, wird Gauguin an einer Stelle zitiert. Vincent Cassel versteht es meisterhaft, sowohl die manische Besessenheit beim Malen als auch die tiefe Erschöpfung des Künstlers überzeugend darzustellen. Die große Entdeckung aber ist Tuheï Adams, die Gauguins Muse Tehura anfangs eine naive Furchtlosigkeit und später, als das Zusammenleben mit dem Maler unerträglich wird, eine resignierte Melancholie verleiht.
Tahiti wird zum Ausgangspunkt des Expressionismus
Regisseur und Drehbuchautor Edouard Deluc hat das Biopic wie einen Abenteuerfilm mit einem immer wieder scheiternden Helden angelegt. Die Bildsprache ist nüchtern gehalten und lässt die exotische Kulisse wirken. Die vielen Nacht-Szenen vermitteln eine Ahnung des geistergläubigen kulturellen Milieus. “Ich werde in den Wald zurückkehren, um dort von der Ruhe, der Ekstase und der Kunst zu leben”, verkündet Gauguin. Seine Reise nach Tahiti war ein entscheidender Einfluss auf seine Malerei, er wurde damit ein Wegbereiter des Expressionismus. Trotzdem konnte er von seiner Kunst kaum leben und starb 1903 völlig verarmt. Der absoluten Leidenschaft für sein Tun ist mit diesem Film ein kleines Denkmal gesetzt.
“Gauguin” läuft ab 2. November 2017 in den deutschen Kinos.