Lieber "Fan"
Offener Brief an den Bochumer Becherwerfer
Seit elf Jahren wurde kein Spiel mehr in der Fußballbundesliga abgebrochen. Vergangenen Freitagabend kam es zu einem scherwiegenden Vorfall im Bochumer Stadion. Ein Stadionbesucher wirft einem Linienrichter einen vollen Bierbecher an den Hinterkopf. M94.5 Redakteur Constantin Klemm hat diesem „Fan“ deshalb einen Brief geschrieben.
Lieber „Fan“, ich danke dir für deinen großartigen Einsatz! Als ich die Meldung über den Abbruch gelesen habe, gingen mir einige Szenarien durch den Kopf, was wohl der Grund dafür war. Nachdem eigentlich klar ist, was von Becherwürfen zu halten ist, nämlich nichts, kommt also ein Emotionsgesteuerter auf der Tribüne wieder auf die Idee, seinen Bierbecher auf den Assistenten zu werfen.
Anstatt das Bier, das Spiel und die Tatsache, dass wieder 25.000 Zuschauer:innen zugelassen sind zu genießen, packst du deinen Frust in den Becher und meinst damit einen Menschen verletzen zu müssen. Ich stand selber drei Jahre lang regelmäßig in der Cannstatter Kurve. Ich habe von Abstieg bis Aufstieg einiges mitgemacht. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn mein Verein verliert oder zurückliegt. Ich weiß auch, wie es sich anfühlt, wenn im Jubel das ein oder andere Bier durch die Luft fliegt. Und ehrlicherweise bin ich froh, dass es nur bei einer sanften Bierdusche geblieben ist und mich kein Becher getroffen hat.
Emotionen gehören zum Sport dazu, Gewalt nicht
Natürlich gehören Emotionen zum Spiel und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich den Schiedsrichter noch nie als blinde Bratwurst bezeichnet habe. Jedoch kann Christian Gittelmann am wenigsten etwas dafür, dass deine Mannschaft das Spiel verloren hat. Gittelmann musste nach der Aktion ins Krankenhaus – an dieser Stelle gute Besserung. Wie man auf die blödsinnige Idee kommt, seine Enttäuschung und Aggressionen so am Schiedsrichter auszulassen, ist mir ein Rätsel. Am besten, du schreist das nächste Mal eine Wand an oder bist so respektvoll und trinkst das Bier einfach aus!
Auch wenn ich das Spiel nicht verfolgt habe, möchte ich mich bei dir bedanken. Vielen Dank du Esel, dass du das Spiel für die Schiedsrichter, die Mannschaften und die Fans auf so bescheuerte Art und Weise kaputtgemacht hast. Das wirft auch ein überragendes Licht auf den VfL Bochum. Ich bin gespannt, ob du das Stadion jemals wieder betreten wirst oder sogar darfst. Ich hoffe, dass dir mit deinem nächsten Bier etwas Besseres einfällt. Falls das nicht schmeckt, probier es doch einfach mal mit Wasser. In diesem Sinne – das Bier gehört in den Becher und der Becher in deine Hand!