Das Wahlrecht in den USA

Nicht jede Stimme zählt – Warum das Wahlsystem der USA Millionen Wähler:innen benachteiligt

/ / Bild: Shutterstock / Frame Stock Footage

Bürokratische Hürden und gezielte Einschränkungen erschweren Millionen US-Bürger:inne den Weg zur Wahlurne. Ist das Wahlsystem nur veraltet – oder steckt Absicht dahinter?

US- Staatsbürger:innen, die vor oder am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet, und einen Wohnsitz haben, dürfen am 5. November in den USA wählen. Zumindest in der Theorie. In der Realität gibt es einige Hürden, die das Wählen für viele Menschen erschweren kann. Für manche bleibt das Wahlrecht trotz aller Anstrengungen unerreichbar.

Das Labyrinth des Wahlrechts – in jedem Bundesstaat anders

Die USA sind als föderaler Staat bekannt. Doch dass dieser Grundsatz auch bei Wahlen für Chaos sorgt, wissen viele nicht. Jeder der 50 Bundesstaaten legt seine eigenen Wahlregeln fest. Was in einem Staat erlaubt und selbstverständlich ist, kann im Nachbarstaat verboten sein.

„Wir haben in den USA eigentlich 50 verschiedene Wahlrechte […] Das macht wirklich einen enorm
großen Unterschied mit Blick darauf, wie die Wahlen durchgeführt werden und wie groß die eigenen Wahlrechte in dem Sinne sind.“

Dr. Phillip Adorf, Experte für US-Politik an der Universität Bonn

Bürokratische Stolperfallen bei der Registrierung

Eine der ersten Hürden ist die Wahlregistrierung. Anders als in Deutschland gibt es kein zentrales Register, das die Wahlberechtigung automatisch erfasst. Die Bürger:innen müssen sich selbst registrieren und die Aktualität ihrer Eintragung im Wähler:innenverzeichnis regelmäßig überprüfen. Gerade für diejenigen, die häufiger umziehen, ist das eine Herausforderung.


„Die Einzelstaaten werden ja auch angehalten, ihre Wahlregister zu aktualisieren, weil es sterben Menschen, es ziehen Menschen weg. Das ist auch eine Aufgabe, diese Register zu ‚reinigen‘. Aber das kann auch bedeuten, dass jemand aus dem Register gestrichen wird, weil er zwei Wahlen verpasst hat.“

Dr. Phillip Adorf, Experte für US-Politik an der Universität Bonn

Im August 2024 standen in Texas beispielsweise mehr als 2,2 Millionen Wähler:innen auf der sogenannten „Suspense List“. Wer hier auftaucht, darf ohne Neuregistrierung nicht wählen – oft erfahren Betroffene das erst nach stundenlangem Warten in der Schlange am Wahltag.

Strenge Ausweisregelungen und Einschüchterung – wen trifft das?

Zusätzliche Schwierigkeiten entstehen durch verschärfte Ausweisregelungen. In Staaten wie Texas oder Georgia ist ein Lichtbildausweis erforderlich, um wählen zu können. Doch für viele US-Amerikaner:innen, besonders ärmere Bevölkerungsgruppen, ist es gar nicht selbstverständlich, über einen Ausweis zu verfügen. Diese Regelung schließt Menschen von der Wahl aus, die keinen Führerschein oder Reisepass besitzen.


„Wir denken aus dem deutschen Kontext, es ist selbstverständlich, dass wir einen Ausweis haben. Aber in den USA gibt es viele Menschen, die solche Dokumente nicht besitzen. Trotzdem fordern einige Staaten zwingend einen Führerschein oder Reisepass – selbst wenn das kaum etwas an der Realität des Wahlbetrugs ändert.“

Dr. Phillip Adorf, Experte für US-Politik an der Universität Bonn

Am Wahltag stehen in einigen Staaten zusätzlich Polizeikräfte vor den Wahllokalen, angeblich, um für Sicherheit zu sorgen. In Wahrheit verunsichern häufig solche Maßnahmen viele Menschen, besonders Minderheiten, die sich von dieser Präsenz oft eingeschüchtert fühlen.

Bild: Shutterstock / Ron Adar

Anti-Voting-Gesetze: Der gezielte Ausschluss bestimmter Wählergruppen?

Zahlreiche Einschränkungen treffen wiederholt dieselben Bevölkerungsgruppen – besonders People of Colour und Latino-Wähler:innen im Süden und Mittleren Westen. Laut einem Bericht des Movement Advancement Project leben 2024 etwa 65 Prozent der wahlberechtigten Schwarzen in Staaten, die gezielte „Anti-Voting-Gesetze“ eingeführt haben. Diese erschweren sowohl die Registrierung als auch das Wählen auf verschiedene Weise.

In West Virginia dürfen Menschen zum Beispiel nicht wählen, wenn sie einen Führerschein aus einem anderen US-Bundestaat haben. Das schränkt vor allem Studierende, Millitärangehörige und Wanderarbeiter:innen ein. In Staaten wie Georgia ist es außerdem verboten, beim Warten in der Schlange Hilfe wie Wasser oder Snacks anzubieten. Hier entstehen oft Warteschlangen von mehreren Stunden, was für viele Wähler:innen eine erhebliche körperliche Belastung darstellt. Die Zahl der Wahllokale ist aber gerade in Landkreisen mit überwiegend nicht-weißer Bevölkerung so gering, dass lange Wartezeiten normal sind.

Hoffnung in Form von Organisationen wie Black Voters Matter

Trotz dieser Barrieren gibt es Menschen und Organisationen, die sich für das Wahlrecht einsetzen. Die Initiative „Black Voters Matter“ mobilisiert Schwarze Wähler:innen und unterstützt sie bei der Registrierung. Ein wichtiger Fokus liegt auf dem Early Voting, also der Möglichkeit, schon vor dem eigentlichen Wahltag abzustimmen. So können Wähler:innen lange Warteschlangen umgehen.

„Die lokale Ebene ist entscheidend. Aktivisten und Organisationen arbeiten daran, auf Landesebene Zugangshürden abzubauen und die Menschen zu informieren.“

Dr. Phillip Adorf, Experte für US-Politik an der Universität Bonn

Besonders in Staaten wie Georgia, einem Swing State, wo es oft auf jede Stimme ankommt, zeigen Initiativen wie Black Voters Matter, wie wichtig es ist, alle Bürger:innen am Wahlprozess zu beteiligen. So wird der Zugang zur Demokratie für viele zumindest etwas greifbarer.

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Das Wahlrecht ist das Fundament jeder Demokratie. Doch die Frage bleibt: Wird sich das Wahlsystem in den USA ändern oder wird das Wahlrecht weiter zu einer Herausforderung, die das Fundament der Demokratie ins Wanken bringt?

Marlene Lang