Das Kaiserreich Japan
Moderne Monarchie?
Es ist die älteste Erbmonarchie der Welt und wirkt dadurch manchmal wie aus einem Märchen entsprungen. Doch diese Woche hat mit Kaiser Akihito ein, für die japanische Geschichte, außergewöhnlich moderner Kaiser abgedankt. Aus gesundheitlichen Gründen überlässt er den Thron seinem Sohn Naruhito, der seit Mittwoch der 126. japanische Monarch ist. Naruhito übernimmt damit eine jahrtausendealte Rolle, die bis heute von außergewöhnlichen Traditionen geprägt ist und sich gleichzeitig mehr und mehr der Weltlichkeit öffnet.
Die Geschichte vom “Himmlischen Herrscher”
Der japanische Kaiser wird auch Tenno genannt. Was übersetzt so viel wie „Himmlischer Herrscher“ bedeutet. Laut der japanischen Ur-Religion, dem Shintoismus, ist der Kaiser göttlichen Ursprungs und damit oberster Priester. Er soll von der japanischen Sonnengöttin Amaterasu höchstpersönlich abstammen. Die Japaner glauben, dass die Göttin 660 v. Chr. ihren Ur-Ur-Enkel auf die Erde geschickt hat, damit er dort Reis pflanzt und als erster „Tenno“ regiert. Bis heute ist jeder Kaiser dazu verpflichtet, im Palastgarten Reis nach altem Ritus anzubauen.
Zeichen der kaiserlichen Macht
Die kaiserlichen Throninsignien bestehen aus einem Schwert, einem gekrümmten Edelstein und einem Spiegel. Sie versinnbildlichen die drei großen Tugenden eines Herrschers: Das Schwert steht für Tapferkeit, der Edelstein für den Willen zum rechten Handeln und der Spiegel für Weisheit. Die Insignien sind per Gesetz untrennbar mit dem kaiserlichen Thron verbunden. Das Besondere dabei: Nur der Kaiser und Hohepriester der Shinto-Religion dürfen sie je zu Gesicht bekommen. Bei öffentlichen Ritualen, wie der feierlichen Übergabe bei der Inthronisierung, bleiben die Insignien in kleine Geschenke verpackt, den Augen der Öffentlichkeit verborgen.
Eine etwas andere Monarchie
Im Gegensatz zu den britischen Royals, zeigt sich der japanische Kaiser sehr selten öffentlich; meist nur an seinem Geburtstag und dem japanischen Neujahr. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs hat er seine Funktion als Staatsoberhaupt verloren und ist, laut der 1964 verabschiedeten Verfassung, Symbol des Staates und der Einheit des Volkes. Deswegen hat er keine politische Entscheidungskompetenz mehr, sondern erfüllt hauptsächlich repräsentative Aufgaben. Trotzdem oder gerade vielleicht deswegen ist er für die Japaner aber immer noch ein wichtiger Teil ihres Nationalgefühls.
Die kaiserliche Familie heute
Seit rund 200 Jahren ist Akihito der erste Herrscher, der noch vor seinem Tod sein Amt abgeben hat. Es ist aber nicht das erste Mal, dass er mit Traditionen gebrochen hat: Zum Entsetzen der konservativen Monarchen am Hof heiratete er mit seiner „Tennisplatz-Liebe“ eine Bürgerliche. Außerdem war er bekennender Pazifist. Er erzog seinen Sohn Naruhito selbst, anstatt ihn zu einer fremden Familie zu geben. Der neue Kaiser Naruhito scheint der Tradition seines Vaters zu folgen: Auch er heiratete eine bürgerliche japanische Diplomatin und schloss am Mittwoch seine erste Rede als Kaiser mit den Worten: „Ich werde aufrichtig für das Glück der Menschen und die weitere Entwicklung der Nation, sowie für Frieden in der Welt beten“.
Naruhito hat bisher keinen männlichen Nachkommen. Seine Tochter Aiko darf traditionell als Frau den Thron nicht besteigen. Nachdem öffentlich über eine Gesetzesänderung debattiert wurde, ist aber jetzt mit der Geburt seines Neffen die Thronfolge gesichert.
Eine neue Ära beginnt
Bevor es aber soweit ist, liegen große Hoffnungen auf Naruhitos Regentschaft, die gemäß der japanischen Tradition eine eigene neue Ära einläutet. Die Namen der Kaiser-Äras werden als Regentschaftsdevise von der Regierung festgesetzt. Naruhito hat seine Ära übrigens „Reiwa“ genannt, was soviel heißt, wie „Schöne Harmonie“.