Kommentar

Meinung ist nicht alles, Herr Musk!

/ / Bild: M94.5 / Vroni Kallinger

Vor Kurzem hat Multimilliardär Elon Musk Twitter gekauft und will die Plattform in Sachen Meinungsfreiheit revolutionieren – die User sollen ab jetzt die Möglichkeit haben, sich komplett frei und ohne Moderation auszudrücken. Das Hate Speech und Fake News als Folge dieser neuen Regelung zu einem großen Problem für unsere Gesellschaft werden könnten, das sieht Musk nicht.

Die Meinungsfreiheit zählt zu den Fundamenten unserer demokratischen Gesellschaft. So ist sie bereits am Anfang unseres Grundgesetzes im Artikel 5 verankert und gilt als sogenanntes „Jedermanns”-Recht. Ähnlich ist es auch in Amerika, dem Herkunftsland von Twitter. Dortzulande ist die Meinungsfreiheit beziehungsweise „Freedom of Speech“ im ersten und vierzehnten Amendment geregelt. Amerika ist allerdings was, die Aufrechterhaltung dieses Rechts angeht, um einiges radikaler als Deutschland oder andere europäische Länder. Einschränkung, die den Schutz der Bürger:innen garantieren sollen, sind grundsätzlich nicht gerne gesehen, da sie die Ausübung des Meinungsrechts beeinträchtigen. Es ist also kein Wunder, dass Musk als selbstbekennender Vertreter der amerikanischen „Freedom of Speech“ diese auch auf Twitter etablieren möchte.

2 Wahrheiten und eine Lüge

Besonders problematische Auswirkungen hat Elon Musks Vision auf die im Netz kursierenden Fake News. Bis zuletzt wurden User vor diesen geschützt, indem Tweets mit falschen Aussagen eine Warnung angehängt oder der verbreitende Account gelöscht wurde.

Durch ein Abschaffen dieser Regelung stoßen Twitter User auf die Gefahr, Fakten nicht mehr von Falschmeldungen unterscheiden zu können. Im Worst Case Scenario spritzen sich Leute Desinfektionsmittel, um sich vor Krankheiten zu schützen. Sie stellen also ein Risiko für sich selbst dar, aber dabei bleibt es nicht. Ohne Regulierungen wird Twitter zum Auffangbecken für Verschwörungstheorien. Als bestes Beispiel sind Trumps Tweets aus dem Jahr 2021 heranzuziehen, mit denen er sogar ein Putsch Versuch bewirkte.

We are up BIG, but they are trying to STEAl the Election. We will never let them do it. Votes cannot be cast after the Polls are closed!!

Tweet von Donald Trump

Wir geben immer 500%

Meinungsfreiheit ohne Grenzen bedeutet, dass jedem gestattet ist, alles zu sagen. Es ist zwar verständlich, dass sich jeder auf Social Media frei ausleben will, es gibt jedoch eine Grenze zwischen Meinung und purer Diskriminierung. Seit der Übernahme von Musk ist die Nutzung des N-Worts auf Twitter um 500 % gestiegen. Als Bi-Poc ist es beängstigend zu wissen, dass Minderheiten ohne Weiteres einfach attackiert werden können. Noch beängstigender ist, dass diese Angriffe aufgrund einer „Tech-Celebrity” als bloße Meinung gewertet und gefeiert werden. Wenn jeder auf Social Media die Möglichkeit haben soll, er selbst zu sein, wie sollen dann zum Beispiel Bi-Poc diese Rechte ausüben, wenn sie von jeder Seite bedroht werden?

Und was ist mit den vulnerablen Gruppen wie Kindern und Jugendlichen, die sich den Gefahren der Social Media Plattformen wie Twitter nicht bewusst sind? Sollte das “Frei sein” auf Social Media die Macht haben, Cybermobbing zu legitimieren?

Alles oder nichts

Normalerweise gilt es bei solchen Disputen einen Mittelweg zu finden, vor allem wenn zwei so unterschiedlich Ansichten aufeinander treffen. Wenn eine Ansicht jedoch das Wohlbefinden der anderen durch pure Ignoranz gefährdet, ist das keine „Freedom of Speech“, sondern bedeutet die Zerstörung unseres sozialen Lebens. Das Vorantreiben radikaler Polarisierung hilft niemandem, denn im schlimmsten Fall macht sich der Hass auch in der realen Welt bemerkbar.