PLATTE DES MONATS: JUNI '23

McKinley Dixon – Beloved! Paradise! Jazz!?

/ / Bild: City Slang

Eine Liebeserklärung an den Jazz oder in Wirklichkeit viel mehr? McKinley Dixon hat sich in den letzten Jahren in der Hip-Hop Szene bereits einen Namen gemacht. Mit seinem vierten Studioalbum Beloved! Paradise! Jazz!? scheint es für seine Karriere aber noch einmal eine Stufe nach oben zu gehen.

Etablierung als Underground-Künstler

Es ist nun das vierte Album, das Virginias Rapper McKinley Dixon veröffentlicht. Es sei ein langer Prozess gewesen, sagte der Rapper in einem Podcast-Interview. Seine vorherigen Alben seien für ihn eine Art Trilogie, wo er seine Entwicklung aufzeigen konnte. Auf dem ersten Album Who Taught You to Hate Yourself? hatte das Publikum es noch mit eher simplen Rap Songs und produzierten Beats zu tun. Auf dem zweiten Album The Importance of Self Belief kam es zum ersten Mal zur Zusammenarbeit Dixons mit einer Band und schließlich brachte er vor zwei Jahren sein drittes Album For My Mama and Anyone Who Look Like Her raus, das seinen Durchbruch als Underground-Künstler darstellte.

Der Wunsch große Themen anzusprechen war von Anfang an in seiner Karriere spürbar. Oft als Conscious Hip-Hop bezeichnet, war Dixons Musik immer sehr politisch und er vermittelte das Gefühl, dass er eine Art Stimme afroamerikanischer Kultur sein wolle. Sein Hang zur Literatur und afroamerikanischer Kultur wird auch im Titel seines neuen Albums deutlich. So ist Beloved! Paradise! Jazz!? eine klare Anspielung an die Beloved-Trilogie der afroamerikanischen Schriftstellerin Toni Morrison.

Literarische Vorbilder

Wie bedeutend das Werk der US-Nobelpreisträgerin für Dixon ist, wird am Album-Opener „Hanif Reads Toni“ deutlich. Es handelt sich um einen Auszug aus Morrisons Buch „Jazz“. Das zweiminütige Spoken-Word Stück vorgelesen vom Dichter Hanif Abdurraqib stellt ein Intro für das Album dar und setzt den Ton, worum es in dem Album gehen wird. Im Auszug aus Morrisons Buch geht es um das Leiden und den Optimismus im Leben einer schwarzen Person in einer riesigen Metropole. Untermalt werden die Worte von tiefen und bedrohlich klingenden Synthesizer-Klängen. Der Album-Opener endet mit den Worten:

“Nobody says it’s pretty here. Nobody says it’s easy, either. What is, is decisive. And if you pay attention to the street plans all laid out, the city can’t hurt you.”

“Hanif Reads Toni”

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Der Album-Opener “Hanif Reads Toni”

Neun Songs folgen auf dieses Intro, die alle musikalisch nur so von Jazz triefen. Vergleiche mit Kendricks To Pimp A Butterfly oder auch einigen Alben der Roots sind definitiv legitim, beschreiben allerdings nicht komplett die Essenz von Beloved! Paradise! Jazz!? Instrumental ist das Album fantastisch aufgebaut mit einem Mix aus Live-Drums, Streichern, Keyboards und Samples und übertrifft damit sein Vorwerk, das auch schon von vielen Kritikern dem Genre Jazz-Rap zugeordnet wurde.

„Running from the Guns“: Thema Gewalt

So ist der Track „Run Run Run“, der am meisten Aufmerksamkeit erregt hat, ein fantastischer Jazz-Rap Song, wie er im Buche als Beispiel stehen könnte. Eine catchy, jazzy Klaviermelodie dominiert den ganzen Song durch. Unterstrichen von verschiedenen Bläsern und einem steady Schlagzeugbeat ist „Run Run Run“ ein fantastisches Beispiel dafür wie gut Rap und Jazz funktionieren. So sehr, wie der Track zum Tanzen anregt, so schwer ist aber das Thema, über welches Dixon rappt.

„Running from the guns

Breaks my heart if you decide to fly away now

Running from the guns, I amM

Running from the guns“

„Run Run Run“

Dixon besinnt sich zurück auf seine Kindheit. Das Motiv des „running the streets“ nimmt dabei zwei verschiedene Bedeutungen an: Einerseits dem Hinrennen zu Abenteuern und zu spaßigen Spielereien und andererseits dem Wegrennen von Pistolenschüssen und anderen Gefahren. Tiefste Kindheitserinnerungen sind verbunden mit schweren Erinnerungen an Gewalt.

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Ein konstantes Wegrennen oder “Run, Run, Run”

So nimmt das Problem der Gewalt einen Höhepunkt im Song „Tyler, Forever“.

Der Chorus ist ein simples „Tyler, Forever“, wobei der Name „Tyler“ sechszehnmal in dreizehn Sekunden wiederholt wird. Mit dem Song will Dixon auf seinen zu jung verstorbenen Freund hinweisen und seinen Namen in Erinnerung tragen. Musikalisch wird das untermalt mit einem Mix aus majestätisch klingenden Bläsern und einem modernen Hip-Hop Beat.

„It’s murder music for niggas who ain’t been murdered”

“Tyler, Forever”

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Eine Ode an seinen verstorbenen Freund: “Tyler, Forever”

Weitere Songs wie “Sun, I Rise” oder “Mezzanine Tippin´” sind weniger Jazz-lastig, klingen „moderner“ und sind gute Beispiele für die qualitativ-hochwertige Produktion des Albums für welche Dixon selbst und Sam Koff zuständig waren.

Ein jazzy Familienparadies

Ein thematisch anderes Bild präsentiert Dixon auf dem namensgebenden Song „Beloved! Paradise! Jazz!?“. Es ist das letzte Kapitel des Albums und laut Dixon, der Song wo er sein zentrales Statement präsentiert: Familie und das Zusammensein mit Familie.

“Black skin to concrete, within it I feel at home

Surrounded by all my niggas, it’s a feeling I missed

I was once nothing and then suddenly I was fixed

One filled with so much heat, praise sun ‘fore I hit the street”

“Beloved! Paradise! Jazz!?”

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Der Ich-Erzähler erscheint in dem Song selbstbewusst und gelassen. „Beloved! Paradise! Jazz!?“ liefert dabei den Zuhöher: innen ein warmes Gefühl des Geborgenseins. Eine Art Selbstfindung scheint im Kopf des Ich-Erzählers stattgefunden haben.

Ein neuer Karriere-Höhepunkt!

Dixons neuestes Album ist kein Konzeptalbum. Es gibt kein einzelnes Narrativ, das er durch sein Album zieht. Vielmehr baut er eine multidimensionale Welt auf, wo er den Zuhörer: innen verschiedene Erzählhäppchen auf den Tisch bringt – von der Kindheit bis zum Erwachsenwerden eines jungen Afroamerikaners und noch mehr.

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Dixons Erklärung auf Twitter: Das Album als Coming-of-Age Film des Sommers.

Zu sagen, dass Beloved! Paradise! Jazz!? nur eine Liebeserklärung an Jazzmusik ist wird dem Album nicht gerecht. Es stimmt, aber Dixons Werk ist viel mehr. Das Album ist eine Ode an schwarze afroamerikanische Kultur, in welcher Jazz einen wichtigen Teil einnimmt, und präsentiert dabei die Schattenseite, die bis heute das Leben Afroamerikaner: innen in den USA prägt. Dabei ist Dixon in seiner Darbietung auf dem Album originell und schreckt nicht davor zurück seinen Vorbildern – wie Toni Morrison – Respekt zu zollen. McKinley Dixon vertieft mit einem genialen und intelligenten Album seine Stellung in der Hip-Hop Szene und macht neugierig auf weitere Projekte von ihm in der Zukunft.

Beloved! Paradise! Jazz!? ist am 02.06.2023 über City Slang erschienen.