M94.5 ALBENREVIEW
Matt Bachmann – Dream Logic
Matt Bachmann’s drittes Album unter seinem eigenen Namen zeigt stellenweise ausgeklügelte Instrumentation und viel Herz, schafft es aber nicht das Level der Höhepunkte über das ganze Album zu halten.
Matt Bachmann ist bei Weitem kein neuer Name in der Musikwelt. Seit Langem spielt er in den Bands “Mega Bog” und “Hand Habits”, ist als Songwriter unter dem Namen „Big Eater“ bekannt, macht jazz-orientierte Instrumentals als “Pachanga”, und unter seinem eigenen Namen melodische Drone-Musik. Mit Dream Logic verabschiedet er sich von seinen vorgefertigten Kategorien und Erwartungen und versucht, laut eigener Aussage, alle seine Erfahrungen musikalisch und persönlich zusammenzunehmen und die Musik aus sich selbst entstehen zu lassen.
Rezepte als Songthematik
“Apple pie | It’s on my mind | Vegan crust | With that crisco stuff | Dad’s recipe | Half taught to me | Ground cardamom seeds | Added arbitrarily | Follow his lead”
Matt Bachmann – Apple Pie
Was klingt wie ein einfaches Apfelkuchenrezept sind die Lyrics zur ersten Single des Albums: “Apple Pie”. Diese dient quasi als Herzstück des Albums und zeigt dessen Stärken unverkennbar auf. Zurückhaltende, sich wiederholende Instrumentation. Fast geflüsterte Vocals. Eine intime Momentaufnahme von Bachmann’s Gedanken baut sich organisch auf, um nach der Erwähnung seines mittlerweile verstorbenen Vaters zu voller Größe zu kommen und in einem Crescendo dichter instrumentals auszufaden. Inspiriert wurde der Song durch Bachmann’s Vater der an Amyotropher Lateralsklerose, kurz ALS, litt. Als Folge dieser Krankheit verlor er nach und nach alle motorischen und geistigen Fähigkeiten. Nur beim gemeinsamen Apfelkuchen backen konnte Matt noch den Mann seiner Kindheit durch die Krankheit hindurch entdecken.
Kunst ohne Kontext
An genau diesem Songbeispiel ist aber auch das große Problem mit “Dream Logic” zu sehen. Er benutzt Gedankenschnipsel als Grundlage für die Songs, indem er Stichwörter in ein Notizbuch schreibt, die ihm spontan zu einer bestimmten Thematik einfallen. Wissen wir als Hörende aber nicht den Hintergrund dieser Einfälle fällt es uns schwer von den simplen, assoziativen Texten mitgenommen zu werden. So ist “Apple Pie” ohne mehr Kontext eben doch nur ein Apfelkuchenrezept, oder “April” doch nur eine Beschreibung von Käferbissen und hohem Gras. Im Moment wirkt der naive Eindruck zwar, aber die kompletten Facetten bleiben uns verwehrt. Bei “Dream Logic” liegt deshalb viel an der Instrumentation, uns bei Stange zu halten.
“When it works – it works!”
Die Schwächen sind in den Momenten aber unwichtig, wenn auf dem Album alles ineinander greift. Wenn uns Bachmann auf “Tears in Rain” über herzzereißend fragilem Piano von einer alten Liebe erzählt, oder uns mit “My Dad and His Boat” zeigt wie es sich anfühlt wenn die demente Großmutter die immer gleichen Geschichten erzählt und am Ende gar nicht mehr klar ist wie es nun wirklich war. Dann brauchen wir gar nicht die gesamte Geschichte zu wissen. Dann reicht ein kleiner, intimer Einblick in einen spontanen Gedanken um uns das Gefühl zu geben Matt Bachmann’s Erfahrungen zusammen mit ihm geteilt zu haben.
Im großen Ganzen fühlt sich das Album für den casual listener wie eine ungeschickt kurierte Kunstaustellung an, in der zwar schöne Bilder ausgestellt sind, die Plaketten, die den Hintergrund und Kontext der Kunst erklären, jedoch fehlen.
Dream Logic von Matt Bachmann ist am 18. Juni 2021 über We Be Friends/Orindal Records erschienen.