Filmkritik
Life in Colour mit David Attenborough
Vergangenen Donnerstag erschienen auf Netflix die neuen Naturdokumentationen aus dem Hause Attenborough. Gezeigt wird eine dreiteilige Serie über die Bedeutung von Farben in der Tierwelt. Was für die Zuschauenden in erster Linie ein optisches Fest ist, hat in der Natur eine tiefere Bedeutung: es geht ums Leben und Überleben.
Alter Meister mit neuem Werk
Wer David Attenborough kennt, weiß, was ihn in der neuen Filmreihe Leben in Farbe erwartet: unglaubliche Nahaufnahmen, hyperrealistische Detailbilder und kaum Distanz zur Tier- und Pflanzenwelt, die normalerweise nicht vor unserer Haustüre liegt. Nach Erfolgen wie Der blaue Planet oder Planet Erde, die bestimmt viele aus dem Biologie-Unterricht kennen, verwundert es nicht, dass auch die neuen Filme die berauschende Fülle der Natur in all ihren Facetten zeigen. Gerade weil es um Farben geht, haben sich die Macher in Sachen Bildqualität selbst übertroffen. Da schillern Federn im Sonnenlicht, Pigmentschuppen von Schmetterlingsflügeln und die glänzend-glatte Oberfläche eines knall-türkisen Froschs.
Neue Kameratechnologien ermöglichen Einblick
Durch die Verwendung von neuen Kameratechnologien ist es Wissenschaftlern erstmals möglich, ultraviolettes Licht und polarisiertes Licht mit dem menschlichen Auge wahrzunehmen. Durch Kamerafilter bekommen auch die Zuschauer einen Einblick in die Sichtwelt, die bislang einigen Tieren vorbehalten war.
Der “grüne” Tiger
Evolutionsbedingt ist es Säugetieren nicht möglich, andere Farbpigmente als Erdtöne oder schwarz und weiß zu entwickeln. Darum ist zum Beispiel die Farbe des Tigers orange. Wissenschaftler:innen haben jüngst herausgefunden, dass sein Hauptbeutetier, eine indische Rehart, die Welt in Grüntönen sieht. Ihnen ist es nicht möglich, rote Lichtreflexe mit dem Auge einzufangen. Logischerweise müsste das in den Gesetzen der Natur bedeuten, dass der Fressfeind des Rehs eine grüne Farbe haben muss, um in den Abstufungen der grünen Wahrnehmung des Beutetiers unterzugehen. Um Beute machen zu können, muss der Tiger nämlich unsichtbar sein. Weil der Tiger aber selbst nicht grün sein kann, hat er die Farbe entwickelt, die sein Beutetier am wenigsten sieht.
Dokumentarfilmer mit Sog
Auch wenn so manchem die Fakten der Dokureihe nicht neu sein mögen – dass kleine Tiere mit einer Warnfarbe Fressfeinde abschrecken, dass andere Farben zur Tarnung dienen, wieder andere Tiere besonders bunt sind, um Geschlechtspartner anzuziehen – lohnen sich diese insgesamt 1,5 Stunden. Allein David Attenboroughs wegen, der mit seinen inzwischen 94 Jahren nicht müde wird, unseren Planeten zu erforschen und mit großer Liebe und Begeisterung von der Natur zu erzählen. Der mitunter am weitesten gereiste Mann der Welt hat sein ganzes Leben dem Erhalt der Vielfalt auf unserer Erde gewidmet. Das Besondere dabei ist, dass er nicht wie ein Wissenschaftler spricht, sondern wie Opa von seinen ganz persönlichen Entdeckungen in der Natur erzählt. Er schildert die Wunder der Natur ganz so, als könnte er sie in seinem eigenen Vorgarten beobachten.
Staunen über die pure Natur
Alleine wegen Attenboroughs exzentrischen Bildauftritten in der Doku lohnt es sich schon, die Filme anzusehen. David Attenborough schafft es ein weiteres Mal, die Zuschauer von den kleinen Details aus der Welt der wilden Tiere zu begeistern und zum Staunen zu bringen. Leben in Farbe zeigt, wie wenig wir noch von der Natur wissen, die uns alltäglich umgibt, und wie viel wir zerstören können, wenn wir uns nicht für ihren Schutz und für das Klima einsetzen.
Das Leben in Farbe läuft in drei je ca. 30-minütigen Folgen auf Netflix.