Filmfest 2021
La Llorona
Eine Geisterfrau, die um ihre ertrunkenen Kinder weint. Darum geht es in der Legende der weinenden Frau, auf spanisch: La Llorona. Im gleichnamigen Film verwendet Regisseur Jayro Bustamante den Mythos um über ein sehr politisches Thema zu reden.
Wenn Enrique Monteverde nachts nicht schlafen kann, wird er immer wieder vom Geräusch einer weinenden Frau geplagt. Zunächst kann aber niemand außer ihm die Frau hören. Möglicherweise sind es die Geister seiner Vergangenheit, die ihn heimsuchen.
Monteverde ist ein pensionierter General, dem vorgeworfen wird, am Genozid an der indigenen Bevölkerung Guatemalas beteiligt gewesen zu sein. Vor Gericht wird er zwar schuldig gesprochen, wird jedoch nicht verhaftet, sondern lebt weiterhin mit seiner Familie in seinem Anwesen. Tag und Nacht stehen jetzt Demonstrant:innen vor seinem Haus, die Gerechtigkeit fordern. Als das neue Hausmädchen Alma ins Haus kommt, häufen sich die merkwürdigen Vorfälle. Ist sie wirklich La Llorona, oder wird der alte General nur verrückt?
DIE EINDRINGLICHKEIT DER RUHE
Der Horror dieses Films ist eher schleichend, Jumpscares gibt es hier nicht. La Llorona nimmt sich viel Zeit und ist gefüllt mit sehr ruhigen Szenen. Zu dieser Ruhe trägt auch die Kamera bei. Viele Szenen bestehen nur aus einer einzigen Kameraeinstellung oder einer Plansequenz, wobei die Kamera oft sehr nah an die Figuren rangeht. In die Stille mischen sich dann die Stimmen der Demonstrant:innen, die durch das gelungene Sounddesign zeitweise sehr gespenstisch erscheinen. Dadurch wird der Film sehr atmosphärisch und eindringlich, wirkt aber trotzdem manchmal etwas zu langsam und träge. Wirklich gruselig ist er deshalb nicht. Wer hier also einen Horrorschocker erwartet, wird eher enttäuscht werden.
DER HORROR DER REALITÄT
Die Idee ein politisches Thema wie den Genozid in Guatemala mit Horrorelementen zu verbinden, funktioniert wunderbar. Der Horror steht weniger im Vordergrund, sondern fungiert eher als eine Art Vehikel, um von dem Schrecken der Realität zu erzählen. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf dem General, sondern auch auf seiner Familie, insbesondere seiner Tochter und seiner Ehefrau. Leider verliert der Film dadurch teilweise die eigentliche Thematik des Völkermords etwas aus den Augen. Das ist schade, da hier gerade die Frage der Schuld etwas zu kurz kommt.
Dennoch ist La Llorona ein eindringlicher Film über die erschreckende Vergangenheit Guatemalas, der vor allem durch seine Ruhe besticht. Durch die Verbindung von Horror und Realität werden die Zuschauer:innen hier auf eine ganz neue Art auf ein politisches Thema aufmerksam gemacht.
La Llorona läuft am 7. Juli um 21.15 Uhr und am 10. Juli um 17 Uhr auf dem Filmfest München.