Filmkritik
Kinds Of Kindness
Giorgos Lanthimos hat es wieder getan. Nur wenige Monate nachdem sein Werk „Poor Things“ bei den diesjährigen Oscars 4 Preise abgeräumt hat, läuft morgen, dem 04.07. mit „Kinds of Kindness“ sein nächster Film an. Weil der Cast bei seinem letzten Film so ein match war, sehen wir auch dieses Mal wieder Emma Stone, William Dafoe, Margaret Qualley und Joe Alwyn auf der Leinwand.
3 Episoden Skurrilität
In Kinds of Kindness schlüpfen die Schauspieler*innen in verschiedene Rollen, denn der Film besteht aus drei kürzeren Geschichten, die nur das Oberthema miteinander verbindet. In allen Geschichten werden die Themen Macht und Kontrolle auf skurrile Art und Weise aufgearbeitet. Der Cast zeigt sich extrem talentiert und wandelbar und spielt jede Rolle so überzeugend, dass es fast gruselig ist. Beim Schauen sucht man die Überschneidungen zwischen den Kunstfiguren der einzelnen Episoden, die jedoch kaum zu finden sind. Die einzige Konstante der Charaktere bleibt die ähnliche Dynamik in den Beziehungen, die von Machtmissbrauch, Misstrauen und Angst geprägt sind.
Konstant sind zusätzlich die Regeln und Gesetze der Welt, die Lanthimos entwirft. Das Menschenbild ist schlecht, niemandem kann so ganz getraut werden und Gewalt scheint in der Welt, die wir Zuschauende dort auf der Leinwand sehen, normaler zu sein als in der unseren. Wir Zuschauer:innen besitzen einen freien Willen. Freier Wille ist etwas, dass es in der kreierten Welt nicht zu geben scheint.
Es bleibt ungemütlich
Trotz der dunklen, warmen Farben wirken die Schauplätze des Films steril und die Atmosphäre kalt. Die Wohnungen und Häuser der Figuren scheinen unbewohnt zu sein und selbst in der gemütlichen Hotelbar wirkt die Stimmung angespannt. So entsteht keine Wohlfühlstimmung und keine Momente in denen man sich gern im Film verliert. Lanthimos hält das Publikum also nicht nur durch die unnahbaren Charaktere, denen nicht getraut werden kann auf Distanz, sondern auch durch die Kulisse.
Auch Sweet Dreams, der Song, der uns im Trailer in die Kinos lockt und mit dem der Film startet, ist ein falsches Versprechen. Süße Träume gibt es nämlich nicht zu sehen- eher Alpträume mit viel Blut und Horror. Dieser wird wiederum untermalt mit penetranter, lauter Filmmusik, die nervös macht und den Horror verstärkt. Wird diese Musik gut genutzt? Definitiv! Macht sie den Film angenehmer? Definitiv nicht!
Male Gaze
Schnelle Autos, alte Autos, schöne Autos und große Autos, Emma Stone im Kleid am Steuer eines Autos, eine sedierte Ärtzin auf der Rückbank eines Autos, Auto als Mordwaffe! Autos gibt es bei Kinds of Kindness zu genüge zu betrachten. Dazu kommt viel Blut und klassisch schöne, junge Frauen in klassisch schönen Kleidern und mehrere Close-Shots, wie Whiskey auf Eis geschüttet wird. Es bleibt als Frau nichts anderes übrig, als zu denken, dass der Film eigentlich nicht für mich, sondern für den stereotypen Mann gemacht ist.
Kinds of Kindness ist ein Film für den Male Gaze. Male Gaze ist ein Begriff aus der Filmtheorie, der eine männliche Lust am Schauen beschreibt, in der Frauen objektifiziert werden. Aus feministischer Perspektive kann dies kritisiert werden.
Was soll uns das sagen?
Kinds of Kindness hinterlässt die Zuschauerinnen mit vielen Fragezeichen. Der Film ist sehr eindrücklich und erweckt einen starken Gefühlsmix aus Faszination und Unwohlsein, aber auch Freude daran, wie talentiert die Schauspieler:innen die verschiedenen Rollen annehmen und diese ausdrucksstark spielen.
Kinds of Kindness reißt nicht mit, lässt einen nicht in eine neue Welt rein, sondern diese nur von Außen betrachten. Wer also eine schöne Geschichte sucht, die zum sich verlieren einlädt, ist bei Kinds of Kindness an der falschen Adresse. Trotzdem ist der Film ein Erlebnis, das viel Gesprächsstoff und Nachdenkstoff für Zuschauende liefert.
Der Film läuft ab dem 04.07.2024 in den deutschen Kinos.