Filmkritik
Joy Ride – The Trip
Man nehme vier Frauen auf einem Roadtrip durch Ostasien und füge Sex, K-Pop und natürlich die Suche nach der eigenen Identität hinzu. Heraus kommt: Joy Ride. Ob dieser Trip aber auch den Zuschauer:innen so viel Freude bringt?
Ambitioniert! Anwältin! Asiatin? Audrey (Ashley Park) weiß nicht wirklich wer sie selber ist. Sie wurde als Baby aus China adoptiert und von ihren weißen amerikanischen Eltern liebevoll aufgezogen. Ihren einzigen Bezug zur chinesischen Kultur bekommt sie durch Lolo (Sherry Cola), ihre beste Freundin seit dem Sandkasten. Die ist charakterlich das komplette Gegenteil von Audrey: Frech, selbstbewusst und kein bisschen an den Meinungen anderer interessiert.
Als ihre Kanzlei Audrey nach China schicken will, um einen Deal abzuschließen stimmt sie ohne mit der Wimper zu zucken zu – und das obwohl sie kein einziges Wort Chinesisch kann. Also nimmt sie Lolo als Dolmetscherin mit und zusammen mit Lolos anstrengender Cousine Deadeye (Sabrina Wu) und Audreys alter Uni-Kommilitonin, der berühmten Schauspielerin Kat (Stephanie Hsu), beginnt ihre abenteuerliche Reise durch China. Dabei passiert einmal alles, was bei so einem Roadtrip eben passieren kann: Identitätskrisen, Kulturschocks und jede Menge Drogen.
Ein Trip war’s auf jeden Fall – aber ein guter?
Bunt und schrill sind dabei nicht nur die Kostüme in Joy Ride, sondern auch die Charaktere: Die vier unterschiedlichen Figuren wirken wie zusammengewürfelt und ergänzen sich nur wenig. Das bringt zwar einige witzige Situationen hervor, wirkt sich letztendlich durch die fehlende Harmonie aber negativ auf das Interesse des Publikums aus. Dieses fragt sich die meiste Zeit dann doch eher, warum es jetzt noch weiterschauen sollte.
Ein Grund zum Weiterschauen ist aber definitiv Stephanie Hsu, die Kat spielt: Mit wirklich gutem komödiantischen Timing, sticht sie mit ihrer überzeugenden Darstellung der Ex-Party-Maus und erfolgreichen Schauspielerin Kat definitiv heraus. Als sie beispielsweise von ihrem christlichen Freund mit ihrer wilden Vergangenheit konfrontiert wird, trägt ihre Mimik deutlich zur Komik der Szene bei. Auch die anderen Schauspielerinnen machen das Beste aus den eher oberflächlich geschriebenen Figuren, was sich eindeutig als schwierig erweist, wenn nur die Hauptperson Audrey eine Charakterentwicklung bekommt.
Oft fehlt den Dialogen aber einfach die passende Komik. Deshalb bekommt man leicht das Gefühl, dass der Film nur auf Sensation setzt – inklusive wildem Rumknutschen und Drogenschmuggel. Was das mit der amerikanisch-asiatischen Erfahrung in China oder der Identitätskrise von Audrey zu tun hat, wird dabei nicht wirklich klar.
Zu viel des Guten
Der Humor im Film greift viele ostasiatische Gewohnheiten und Stereotype auf und nimmt sie auf den Arm, was in den Szenen bei Lolos Großfamilie durchaus gelingt. In anderen Momenten, etwa bei plötzlichen K-Pop-Tanzeinlagen der Charaktere, wird der Film vielmehr zu dem, was er kritisieren möchte: asiatischen Stereotypen.
Joy Ride ist häufig einfach zu überladen, sodass die stilleren und tiefgründigen Momente über Identität und Zugehörigkeit, die den Film aufwerten, überschattet werden. Dabei sind Themen wie Audreys Umgang mit internalisiertem Rassismus und ihr Gefühl nicht genug zu sein, so wichtig und prägend für die Erfahrung von Asiat:innen, die außerhalb ihres Herkunftslandes aufwachsen.
Authentisch geht anders
Repräsentation bedeutet aber nun einmal nicht gleich gute Repräsentation. Die Perspektive und Art wie Asien dargestellt wird, ist in Joy Ride in vereinzelten Momenten zu amerikanisch-westlich geprägt. Es wird zu stereotypen Darstellungen gegriffen und China für den amerikanischen Gaumen angepasst, anstatt mehr authentische Interaktionen mit der Bevölkerung und den dortigen Bräuchen zu zeigen.
Joy Ride ist für alle etwas, die Fans von Filmen wie Crazy Rich Asians sind oder bisher wenig mit dem asiatischen Kino in Berührung gekommen sind. Wer aber laute Lacher und Tiefgründigkeit sucht, wird hier leider nicht fündig.
Joy Ride läuft ab dem 24.August in allen deutschen Kinos.