Album der Woche

Yves Tumor – Heaven To A Tortured Mind

/ / Bild: Yves Tumor (Warp Records/Roughtrade)

Yves Tumor, mit bürgerlichem Namen Sean Bowie, ist eigentlich für seine experimentelle elektronische Produktion bekannt, die manchmal sogar ins Noise abdriftet. In Heaven To A Tortured Mind macht Yves Tumor aber eher Rock – und hat trotzdem nichts an seiner Experimentierfreudigkeit verloren.

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Yves Tumor – Heaven To A Tortured Mind auf Spotify

Identity Trade

Bei Yves Tumor muss man immer erwarten, dass man nicht das kriegt, was man erwartet. In den fünf Jahren, in denen er auf sich aufmerksam gemacht hat, hat er beachtliche Vielfalt gezeigt: als Produzent von Ambient und manchmal sogar New-Age Tracks auf When Man Fails You. Ganz zum Rockstar entwickelt hat er sich mit seinem Track Safe In The Hands Of Love: elektronisch, mal tanzbar, mal noiselastig. Und dort war er das erste Mal als Sänger zu hören.

Dabei bewegt er sich durch alle Genres, die man als Rock bezeichnen könnte. Ab und zu klingt er wie Prince, wie auf dem sanften Romanticist. Manchmal kommen eher Britrock-Sounds durch, wie auf Medicine Burn, in dem man fast Gorillaz wiedererkennen kann. Gleichzeitig ist das Album aber durchzogen von glasklaren, manchmal einschlagenden Bläsersections, die dem ganzen Album eine dringend notwendige Wärme geben.  

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Yves Tumor – “Medicine Burn”

Manchmal zeigen die Bläser aber mit ihren schrillen, dystopischen Akkorden, worum es im neuen Projekt wirklich geht. Denn der Titel des Albums ist nämlich auch Programm: Yves Tumor singt in Heaven To A Tortured Mind von eben genau dem: Einem gefolterten Verstand, der meint, er wäre im Himmel. 

Folie imposée

Folie imposée ist der französische Begriff für eine wahnhafte psychische Störung, die vom dominanten Teil einer Beziehung übertragen wird. Und bis man in diesem Album beim neunten Track “Folie Imposée” ankommt, hat man tatsächlich das Gefühl, dass Yves Tumor der dominante Teil der Beziehung ist und seinen Wahn übertragen hat.  

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Yves Tumor – Folie Imposée

Die Texte handeln auf den ersten Blick oft von Liebe. Aber auf den zweiten Blick geht es um Machtkämpfe, Individualität und das Besessensein in Beziehungen. Zusammen mit der manchmal klaustrophobischen, desorientierten Produktion erhält Tumor über das Album hinweg manchmal erschreckend unmenschliche Züge. 

Und genau an dieser Thematik zerfällt auch zur Hälfte des Albums die Rockstarpersona, die am Anfang aufgebaut wurde. Man spürt, dass sie das Wunschdenken des lyrischen Ichs ist – eine reine Illusion. 

Romanticist 

Sean Bowie zeigt sich in Heaven To A Tortured Mind als selbstreflektierter Romantiker. Er baut sich grandiose Liebesideen auf, die er im selben Satz wieder zerschlägt. Dabei zeigt er, dass er Produktion und Konzept nah beieinander halten kann. Klanglich und thematisch geht dieses Album in allen Facetten auf und zieht den Hörer in seinen Bann.

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Yves Tumor – “Romanticist / Dream Palette”

Heaven Tor A Tortured Mind ist keine leichte Kost und stellt sich auch oft absichtlich quer. Wer aber seine jetzt neugewonnene Zeit mal mit etwas Tiefergehendem verbringen will, sollte sich dieses Portrait einer zerrissenen Persönlichkeit unbedingt anhören!