Die Freie Bühne München
Inklusion in der Welt des Theaters
Der Kunst sind keine Grenzen gesetzt. Doch das gilt oft nicht für die KünstlerInnen selbst. In der deutschen Theaterlandschaft fehlt es an Diversität, vor allem im Bereich Inklusion. Erst seit wenigen Jahren gibt es für SchauspielerInnen mit Beeinträchtigung die Möglichkeit, eine staatlich geförderte Schauspielausbildung zu machen.
Die Freie Bühne München ist das erste inklusive Theater in Bayern und in Deutschland, das nicht an eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung gebunden ist. Seit 2015 bildet es junge Talente aus und ermöglicht ihnen danach eine Karriere auf den Bühnen Deutschlands. Die dreijährige Ausbildung beinhaltet mehrere Workshops und gemeinsame Stückentwicklungen. Angelica Fell, Gesamtleitung der Freien Bühne München, ist Mitbegründerin des Theaters und betont die Wichtigkeit ihrer inklusiven Arbeit.
„Die Idee, ein Theater für Menschen mit Beeinträchtigung zu gründen, entstand aus einem Problem heraus.“
Angelica Fell, Leiterin und Mitbegründerin der freien Bühne München
In Deutschland gab es keine Möglichkeit für junge, talentierte Menschen mit Behinderung eine Schauspielausbildung zu absolvieren und danach den Beruf auszuüben. Nach einer Konzeptentwicklung und mit Hilfe der Unterstützung der Landeshauptstadt München und dem Bezirk Oberbayern, konnte die Freie Bühne München gegründet werden. Heute kooperiert die Einrichtung mit mehreren Münchner Theatern, wie dem Pathos-Theater und den Münchner Kammerspielen. Das Ensemble der Freien Bühne besteht zur Hälfte aus Menschen mit Beeinträchtigung und die andere aus Menschen ohne Beeinträchtigung. Was die Wichtigkeit ihres Theaters angeht, betont Angelica Fell: „Der Zuschauer hat einen Anspruch auf diese Kunst und uns ist es wichtig, dass man diese Menschen auf der Bühne sehen kann, ihre Sichtbarkeit. Menschen mit Beeinträchtigung können genauso KünstlerInnen sein, wie alle anderen auch.“.
Die Nashörner als digitale Inszenierung
Die Proben der aktuellen Inszenierung der Freien Bühne von Ionescos Die Nashörner sind im vollen Gange. Alles erfolgt digital: Vom Probenprozess bis hin zur endgültigen Inszenierung. Drei Monate lang wird jeden Tag von 10 bis 17 Uhr bis zur Premiere im Oktober diesen Jahres geprobt. Vor allem die schwarze Komik und die Thematisierung einer Epidemie macht das Stück aktueller denn je. Die digitale Arbeit sorgt für neue performative Aspekte aber stellt die Darsteller auch vor Herausforderungen. „Man muss sich erst einmal daran gewöhnen, aber man lernt umso mehr. Ich freu mich auf die neue Arbeit und bin sehr gespannt auf das Endergebnis.“, erklärt Luis Goodwin, Ensemblemitglied und Schauspielschüler im zweiten Ausbildungsjahr der Freien Bühne München. Auch Jan Meyer, Regisseur der Inszenierung, betont, man vergesse während der Szenen fast, dass alles digital passiere. Es komme trotzdem eine Spielatmosphäre auf.
Ein neuer Weg in die Zukunft
Allmählich steigt die Nachfrage von Theatern und Casting-Agenturen nach SchauspielerInnen mit Behinderung. Vier der diesjährigen AbsolventInnen der Freien Bühne München haben ein Engagement an den Münchner Kammerspielen ergattert. Auch Theaterfestivals öffnen ihre Türen für Ensembles, die inklusiv aufgestellt sind. Trotzdem müsse in den staatlichen Schauspielschulen noch viel gemacht werden, betont Angelica Fell. „Bei den Zulassungsbeschränkungen muss noch einiges passieren, vor allem, wie man Schauspiel versteht.“, sagt auch Jan Meyer. Eine Trennung der Ausbildung von SchauspielerInnen mit und ohne Beeinträchtigung sehen beide nicht als notwendig an. Im Gegenteil, ein Umdenken und eine Inklusion sind wünschenswert und dringend notwendig.
„Schauspiel ist nicht normierbar, künstlerischer Ausdruck ist nicht normierbar, Talent ist nicht normierbar.“, betont Regisseur Jan Meyer gegen Ende.
Genau deshalb sollte die Vielfalt auf der Bühne vertreten und vor allem gefördert werden. Die live-stream Premiere von Die Nashörner findet am 9. Oktober um 20 Uhr statt.