Vierschanzentournee - Garmisch-Partenkirchen
Holpriger Start ins neue Jahr
Das traditionelle Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen ist dem Deutschen Skiverband (DSV) seit langem ein Dorn im Auge. Seit 2002 gelingt den Deutschen zum Jahreseinstand kein Erfolg. Nach hervorragenden Ergebnissen in Oberstdorf wollen Karl Geiger und Andreas Wellinger an ihre Performance aus dem ersten Springen anknüpfen. Am Ende sind es aber wieder zwei andere Springer, die in Garmisch das etwas schläfrige Publikum faszinieren.
Dass die DSV-Adler als Außenseiter in die 71. Vierschanzentournee gestartet sind, überrascht keinen. Dafür sind die Weltcup-Ergebnisse der anderen Nationen zu überragend. Dennoch waren es zwei alte Bekannte, die in Oberstdorf ihre Qualitäten zeigten. Karl Geiger verpasste als viertplatzierter um 1,3 Punkte knapp das Podium. Sein Teamkollege Andreas Wellinger landete mit zwei starken Sprüngen auf Platz sechs. Am Ende war es aber Halvar Egner Granerud, der allen die Show stahl. Der Norweger segelte wie ein Vogel in den Kessel der Skisprung-Arena. Vor dem Springen attestierte ihm der ehemalige deutsche Skispringer Sven Hannawald, dass Granerud bald in den elitären Club der Grand Slam Sieger aufgenommen wird. Dafür benötigt der Norweger vier Siege in den vier vorhandenen Springen. Nach dem Sieg auf der ersten Schanze fehlen nur noch drei weitere Erfolge. Hannawald selbst weiß wovon er spricht. Immerhin war er der erste Skispringer, dem dies gelungen ist. Seitdem ist der Grand Slam nur zwei weiteren Athleten geglückt: dem Polen Kamil Stoch und Ryōyū Kobayashi aus Japan.
Deutschlands Nachwuchshoffnung
In den vergangenen Jahren haben insbesondere die deutschen Top-Flieger beim Neujahrsspringen ihre Schwierigkeiten gehabt. Auch dieses Jahr. Einen interessiert das ganze Geschwätz überhaupt nicht – Philipp Raimund. Der 22-Jährige bestreitet seine erst zweite Tournee und überrascht direkt in der Qualifikation mit dem neunten Platz. Er qualifiziert sich somit als bester Deutscher. Damit verschafft sich der gebürtige Göppinger eine gute Ausgangslage für sein K.o.-Duell im Neujahrsspringen. Dort gelingt ihm am Ende nach einem grandiosen zweiten Sprung über 135 Meter Platz 15.
Markus „Eisei“ Eisenbichler muss sich derweil nach einem schwachen Sprung bereits nach dem ersten Springen von den Fans verabschieden. Im direkten Duell gegen ihn konnte sich Pius Paschke durchsetzen, der selbst später im Finale nur 24. wird. Ein gebrauchter Tag für die Deutschen. Mit Andreas Wellinger (Platz acht) schafft es aber immerhin ein Deutscher unter die Top 10.
Wieder ist es Halvar Egner Granerud der seiner Konkurrenz die Grenzen aufzeigt. Zwei Sprünge knapp unter Schanzenrekord bedeuten für ihn den zweiten Sieg bei der diesjährigen Tournee. Seine Familie und Lebensgefährtin hat der Norweger mit nach Garmisch gebracht. Auf der großen Leinwand beim Auslauf der Schanze wird diese voller Emotionen und Tränen unter dem Jubel der norwegischen Fans gezeigt.
Fans und Springer mit Katerstimmung
Insgesamt haben sich 20.000 Zuschauer:innen nach der Silvesternacht nach Garmisch-Partenkirchen geschleppt. Und irgendwie war die kurze Nacht den Fans anzumerken. Anders als beim Springen in Oberstdorf kam beim Neujahrsspringen nie wirklich Stimmung auf – außer bei den Sprüngen der Deutschen. Dort waren die „Ziiieeehhh“ Rufe im Fahnenmeer lautstark zu hören. Da passt es irgendwie, dass auch das deutsche Team einen müden Eindruck bei ihren Sprüngen macht. Obwohl es für die Athleten am Abend vorher vermutlich kein feuchtfröhliches Silvester gab, sondern wie jedes Jahr frühe Bettruhe angesagt war.
Für die letzten zwei Springen geht es nach Österreich. Den Auftakt macht Innsbruck am 4. Januar. Dort wird sich zeigen, ob Halvar Egner Granerud einen weiteren Schritt Richtung Grand Slam machen kann. M94.5 wird vor Ort an der Bergisel-Schanze sein und für euch berichten.