Gewalt in der Popmusik

Hit Me Baby One more Time

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Dissen, drohen, diskriminieren – im Hip Hop haben wir uns leider schon lange an Gewalt und Frauenfeindlichkeit gewöhnt. Aber wenigstens im guten alten Wohlfühlpop ist die Welt noch in Ordnung… oder doch nicht? Forscherinnen der University of Missouri haben herausgefunden, dass in den Lyrics von Popsongs mindestens genauso oft Gewalt vorkommt, wie im Hip Hop.

Jugendliche Weltbilder

Dafür haben Cynthia Frisby und Elizabeth Behm-Morawitz die Texte von 150 Top-10-Songs aus den Jahren 2006 bis 2008 analysiert. Darunter finden sich die verschiedensten Genres. Sogar Country-, Alternative- oder Folksongs sind dabei. Am erfolgreichsten sind aber Pop und Hip Hop – eben das, was die Jugendlichen so hören. Um die geht es den beiden Wissenschaftlerinnen auch. Denn Jugendliche werden in ihrem Weltbild noch stark beeinflusst, auch durch die Musik, die sie so hören. Deshalb haben Frisby und Behm-Morawitz untersucht, wie Frauen in den verschiedenen Genres dargestellt werden. Dabei geht es nicht nur um Schimpfwörter, Objektifizierung und Geschlechterrollen, sondern auch darum, wie häufig Gewalt thematisiert wird.

Das Ergebnis überrascht: In 86% der Pop-Songs ging es um Gewalt. Das ist deutlich häufiger, als in allen anderen Genres. Ist Popmusik also schlechter für die Entwicklung von Jugendlichen, als beispielsweise Hip Hop? Nein, nicht unbedingt. Denn die Forscherinnen unterscheiden zwischen justified violence, also berechtigter Gewalt und unjustified violence. Hier wird Gewalt als unberechtigt und moralisch falsch dargestellt. Im Gegensatz zum Hip Hop findet sich letztere am häufigsten in der Popmusik.

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Männliche Künstler sind häufiger frauenfeindlich

Die restlichen Erkenntnisse der Studie sind dagegen wenig überraschend: Rap-Texte geben sich am häufigsten als frauenverachtend und im Hip Hop werden die meisten Schimpfwörter benutzt – der Pop kommt dagegen ganz ohne aus.
Gewalt scheint genauso wie obszöne Sprache eher ein männliches Thema zu sein. Außerdem objektifizieren männliche Künstler
in ihren Texten öfter Frauen, als ihre weiblichen Kolleginnen. Auch zugeschriebene Geschlechterrollen spielen bei ihnen eine größere Rolle. Die kommen in Popsongs übrigens besonders häufig vor. Denkt man an die klassischen Popballaden und Lovesongs, ergibt das aber wieder Sinn.

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Popmusik wird wütender und trauriger

Die Ergebnisse aus Missouri passen zu einer Studie von Datenwissenschaftlern der Lawrence Technological University in Michigan. Kathleen Napier und Lior Shamir haben mehr als 6000 Hits der vergangenen 70 Jahre untersucht. Dabei haben sie festgestellt, dass die Stimmung in den Songtexten immer negativer geworden ist. Gefühle wie Wut, Abneigung, Angst oder Traurigkeit kommen heute öfter vor, als noch in den 50er Jahren. Freude, Zuversicht und Offenheit verschwinden dafür so langsam.

Scheinbar wird die Popmusik also ernster – zumindest was ihre Texte angeht. Der Sound bleibt fröhlich und ja, poppig, wie eh und je. Dahinter bleibt der Inhalt schon mal zurück. Gleichzeitig können die Künstlerinnen und Künstler so auch ernstere Themen vor einem breiteren Publikum ansprechen. Da lohnt sich auch ein Blick ins Musikvideo und vor allem: Hinhören.

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