„The Big Lebowski“ - Hype
Hey Dude, lass uns eine Religion gründen
Es gibt verschiedene Bars, Festivals und sogar eine offizielle Religion um den Dude. Aber warum übt gerade dieser Film so eine quasireligiöse Anziehungskraft aus? Eine gewisse filmische Qualität ist der ulkigen Coen-Komödie von 1998 zwar nicht abzusprechen, in der Internet Movie Database Liste der besten Filme aller Zeiten belegt er aber gerade mal Platz 171. Es ist also gar nicht mal so sehr der Film selbst, sondern eher die Philosophie und der Lifestyle des Dude.
Wenn ich „The Big Lebowski“ in einem Zitat beschreiben müsste wäre es wahrscheinlich: „Scheiß drauf. Lass uns bowlen gehen“.
Dem Dude ist eigentlich alles egal. Egal welche Steine ihm das Leben in den Weg legt, der Dude reagiert mit stoischer Ruhe, Witzen, Alkohol und Marihuana. Dieses Motiv der Sinnlosigkeit zieht sich nicht nur durch die Dialoge, sondern durchdringt die ganze Geschichte des Films. Der Dude stolpert ohne Plan oder große Motivation, wie ein Spielball des Universums von einer Szene in die andere. Er verkörpert die umgekehrte Heldenreise und ein, für Hollywood ungewöhnliches, Bild von Männlichkeit. Der Dude leistet nichts, durchlebt keine Charakterentwicklung und versucht Konflikte zu vermeiden.
Gerade diese Lebenseinstellung ist es, die „The Big Lebowski“ so ikonisch gemacht hat. Es geht darum sich nicht um die Probleme der Welt zu sorgen, sondern sich einfach treiben zu lassen. Warum um die Kriege dieser Welt, den Klimawandel oder soziale Gerechtigkeit kümmern, wenn man sich auch einfach mit trivialem Zeitvertreib beschäftigen kann? Diese Weltanschauung hat seit 1998 nicht an Popularität verloren, sondern noch zugelegt. Gerade jetzt, im großen Zeitalter von Informationsflut und Globalisierung, ist es verlockend sich einfach mit einem White Russian zurückzulehnen, während die Welt sich immer schneller dreht.
Das Ganze gipfelte schließlich darin, dass ein Journalist aus Thailand im Jahr 2005 offiziell eine Religion gründete. Über 450.000 Mitglieder zählt die „Church of the Latter-Day Dude“ laut ihrer Website. Der sogenannte „Dudeism“ beruht auf einer Art Neo-Buddhismus und hat mit dem „The Dude De Ching“ sogar einen eigenen heiligen Text. Dieser ist eine Abwandlung des „Tao De Ching“, einer der wichtigsten Texte im Buddhismus, in dem es im Kern um harmonische Lebensführung geht. Aufgrund dieser Schnittmenge zwischen dem Buddhismus und der Philosophie des Dude ist es also gar nicht so verwunderlich, dass der Dude zu einer neuzeitlichen Messias-Figur erhoben wurde: Er ist ein moderner Prophet, der Gleichgültigkeit predigt. Auch wenn diese unendliche Gleichgültigkeit in der Realität wenig praktikabel ist, wären wir doch irgendwie alle insgeheim gerne ein wenig mehr wie dieser Dude.