M94.5 Albenreview
Girl in Red – if I could make it go quiet
Elf Songs über Romanzen, Liebes-Aus und inneres Gefühlschaos verschmelzen mit melancholischen und sanften Indie-Pop . Girl in Red hat endlich ihr heiß ersehntes Debüt-Album if I could make it go quiet veröffentlicht.
Vom Fingerboarding zur Gitarre
Viel Talent, ihr Kinderzimmer und sehr kleine Skateboards: Mit diesen Anfängen baut sich girl in red einen Ikonenstatus in der queeren, musikbegeisterten Community. Bevor sich die Norwegerin mit Musik auseinandergesetzt hatte, interessierte sie sich für Fingerskating, den Miniskateboard-Trend aus den 2010er Jahren. Mit den daraufhin erlernten Fingerfertigkeiten ist sie auf die Gitarre umgestiegen und brachte sich das Spielen und die Akkorde selber bei, gefolgt von der Liebe zum Songwriting und eigenständiger Musikproduktion. Unter ihrem bürgerlichen Namen fing sie an, ihre Stücke auf Soundcloud hochzuladen, die bei ihrer kleinen Fangemeinde schon gut ankamen. Mit kleinen Schritten hat sich girl in red, mit bürgerlichen Namen Marie Ulven, in eine große Zukunft hineingearbeitet.
Serotonin-Boost
Schon mit Songs wie „girls“ oder „we fell in love in october“ hat die Sängerin aus Norwegen im Jahr 2018 viel Aufmerksamkeit bekommen und über einhundert Millionen Streams auf Spotify erreicht. Nach sämtlichen Singles, EPs und dem Albenvorboten „Serotonin“ diesen März hat die Sängerin endlich ihr Debüt komplett gemacht. Das Besondere bei “Serotonin” ist die dabei entstandene Zusammenarbeit mit Grammy-Preisträger und Billie Eilish’s Bruder FINNEAS. Eine Kollaboration, die zeigt, wie weit sie ihre Karriere schon gebracht hat und die sich stark von ihren bisherigen Werken unterscheidet. Denn normalerweise richtet sich die Musikproduktion der Solo-Künstlerin mit eigenem Label großteils nach sich selbst. Auch der Entstehungs- und Produktionsort für die Musik ist und bleibt das eigene Schlafzimmer.
Queerer Bedroom-Pop
Girl in Red ist nicht irgendein aufstrebender Star in der Indie-Pop-Kultur, sie gilt als einer ihrer queeren Königinnen. Sie vertritt die LGBTQ* Szene hinsichtlich Songs, die über gleichgeschlechtliche Liebe handeln. Der Spruch „Hörst du Girl in Red?“ wurde ein weiterverbreiteter Insider in der Community. Auf sämtlichen Social Media Plattformen ist es eine abgeleitete Version der Frage „Wie bist du sexuell orientiert?“. Doch nicht nur das, sondern auch die Thematisierung von psychischen Problemen, insbesondere Depressionen möchte die 22-Jährige in ihrer Musik ausdrücken. Persönliche Liebeserfahrungen und Probleme musikalisch zu teilen, fällt der jungen Sängerin alles andere als schwer, wofür sie ihre Hörer:innen bewundern.
Gemeinsam alleine
Für Girl in Red gilt ein festes Konzept: Musik bequem von zu Hause aus machen und „Low-Budget“ Musikvideos produzieren. Was ihren Sound angeht, bleibt sie dem melancholischen und verträumten Bedroom-Pop treu. Das spiegelt sich auch im neuen Album wieder. Die Sängerin nimmt ihre Fanbase mit in eine intime Welt zum Nachdenken. Dieses Album ist vor allem ein passender Begleiter in Zeiten, in denen die Einsamkeit einen überrumpelt. Die Pandemie hat auch der Norwegerin zu schaffen gemacht, doch sie hat es auch als Chance genutzt, mehr Zeit und Verfeinerung in ihr Debüt zu investieren. Das hat sich deutlich gezeigt.