Die Religion Bahai
Für eine gemeinsame Menschheit
Beinahe gleichzeitig zum Ende des islamischen Ramadans beginnt am 21.04 das Ridvan-Fest des Bahaitums (Bahaismus). Diese im Westen eher unbekannte Religion möchte unter dem Banner einer geeinten Menschheit verschiedene Religionen vereinen. Wie geht das?
Mit geschmückten Gärten, Musik, Essen und Vielem mehr feiern die Bahai ab heute ihr wichtigstes Fest: Ridvan. Ridvan heißt Paradies und war auch der Name des Gartens in Bagdad, in welchem der Religionsgründer Bahāʾullāh verkündete, der Messias aller Religionen zu sein. Dieser Neubeginn wird nun zwölf Tage lang zelebriert.
Die Grundlagen des Bahaitums wurden bereits im 19. Jahrhundert vom religiösen Führer Bab, arabisch für “Tor”, gelegt und nach dessen gewaltsamen Tod durch das iranische Regime von Mirsa Husain Ali Nuri, genannt Bahāʾullāh, als Bahaitum weitergeführt. Als monotheistische Religion ist das Gottesbild relativ simpel: Ein liebender, allmächtiger Schöpfergott, der seinen Geschöpfen, also uns Menschen, nicht zugänglich ist. Die Parallelen zu Christentum, Judentum und Islam sind natürlich schnell erkennbar. Allerdings gibt es beim Bahaitum einen signifikanten Unterschied.
Alle Menschen, eine Religion
Anhänger:innen des Bahaismus erkennen religiöse Persönlichkeiten wie Jesus, Buddha oder Mohammed gleichermaßen als Inkarnationen Gottes auf unserem Planeten an. In dieser menschlichen Form und durch Spiritualität sollen wir seinen Willen erkennen und gemeinsam an der schwersten Prüfung Gottes arbeiten können: Die Einheit der Menschen.
„Der ist wirklich ein Mensch, der sich heute dem Dienst am ganzen Menschengeschlecht hingibt.”
Bahá’u’lláh, Botschaften aus Akká 11:13
Die Aufgabe der Gläubigen besteht dabei in der persönlichen Charakterentwicklung durch Reflektion des eigenen Handels, Vertiefung des Wissens, Vorurteilsfreiheit und Uneigennützigkeit. Weitere explizite Regeln gibt es bis auf tägliches Gebet eigentlich nicht. Auch existieren keine Unterschiede zwischen Geschlecht, Ethnie oder Hautfarbe. Die gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen ist eine grundlegende Voraussetzung für den angestrebten Frieden. Behinderungen werden lediglich als körperliche, aber nicht seelische-irdische Einschränkung angesehen. Jede:r Gläubige hat dieselben Aufgaben und Pflichten vor Gott.
Bekannte Makel und Progressivität
Es gibt aber auch weniger progressive Seiten. Sex ist zum Beispiel nur innerhalb einer Ehe erlaubt. Für queere Personen ist dieses Recht prinzipiell verwehrt.
Das Manko beinahe aller älteren Religionen lastet also auch am Bahaismus: Die fehlende Toleranz gegenüber queerer Minderheit und deren sexuelle Ausgrenzung. Trotzdem erscheint die Philosophie weniger stringent und deutlich progressiver als beispielsweise klassische, texttreue Auslegungen von Islam, Judentum oder Christentum.