KOMMENTAR
Filmen bei Konzerten: Einfach nur nervig
Konzerte, Theater-Vorstellungen und Festivals: Sie alle sind vor einer Sache nicht sicher: Fans, die mit ihren Handys mitfilmen wollen. Leonore Kvech findet, dass das Bedürfnis, Konzerte mit der Kamera festhalten zu müssen, die Musik-Erfahrung kaputt macht.
Eigentlich sind die Regeln klar. Vor Konzerten ertönt häufig die Ansage: “Bitte schalten sie jetzt ihr Mobiltelefon aus. Das Filmen und Fotografieren der Vorstellung ist strengstens untersagt. Wir wünschen Ihnen viel Spaß”. Trotz der Bitte des Veranstalters, blitzt nach wenigen Minuten eine Handykamera unverblümt Richtung Bühne und auch meine Sitznachbarin hebt ihr Telefon und filmt mehrere Minuten lang mit. Ich ärgere mich, es lenkt mich ab und es fällt mir immer schwerer, mich auf das Bühnengeschehen zu konzentrieren. Es fühlt sich falsch an. Das einmalige, unwiederbringliche Erlebnis eines Live-Konzerts, wird damit zerstört – es wird seiner Einzigartigkeit beraubt.
VERLETZUNG DES URHEBERRECHTS
Zunächst ist das Mitfilmen bei Konzerten und anderen musikalischen Veranstaltungen illegal, wenn die Videos im Anschluss zum Beispiel auf YouTube hochgeladen werden und damit Geld verdient wird. Das heißt Bootlegging und es kann Urheberrechtsverletzer:innen mehrere tausend Euro Strafe kosten. Denn das Recht, das musikalische Werk zu verbreiten oder sogar damit Geld damit einzunehmen, steht nun mal nur den Künstler:innen oder Veranstalter:innen zu.
SOZIALER DRUCK MITZUFILMEN
Ich kann das Bedürfnis für den privaten Gebrauch Mitfilmen zu wollen durchaus verstehen. Fotos und Videos erinnern uns nochmal an schöne Momente. Auch ich habe schon bei Konzerten mitgefilmt. Oft landen die Videos dann in meiner Instagram-Story. Einerseits teile ich sie, um damit anzugeben, was ich gerade so Tolles erlebe. Andererseits empfinde ich auch sozialen Druck, zeigen zu müssen, dass ich nichts verpasse. Mein eigenes gefilmtes Video muss beweisen: Ich war wirklich da und habe den Moment so erlebt. Ich nehme die Videos gezwungenermaßen für andere auf und gar nicht mehr für mich – eine Tatsache, die mich im Nachhinein wütend macht.
MITFILMEN STÖRT DIE KONZERT-ERFAHRUNG
Denn ich tue mir als Besucherin selbst keinen Gefallen damit, das Konzert nur durch den Handybildschirm mitzuerleben, obwohl ich gerade live vor Ort tolle Musik genießen kann. Sobald ich ein Konzert nur noch damit verbringe, zu filmen und ja nicht mitzusingen, damit die Aufnahme Instagram-Story-gerecht wird, mache ich mir meine Konzert-Erfahrung kaputt. In einigen Techno-Clubs ist das Abkleben der Kamera unter anderem genau deswegen völlig selbstverständlich. Das Mitfilmen hindert mich daran, den Moment und die Live-Musik emotional mitzufühlen – bei anderen Konzert-Besucher:innen lenkt es mich ab und nervt mich.
NACHHALTIGERE ERINNERUNGEN SCHAFFEN
Wenn es nur ums Bewahren des Erlebnisses geht, kann auch einfach ein Bild vor dem Veranstaltungsort oder das Ticket als Erinnerungsstück dienen. Das kann nachhaltiger sein, statt ständig dem sozialen Druck nachzugeben und das ganze Konzert in der Insta-Story zu posten, die sich nach zwei Tagen eh niemand mehr ansieht. Oder aber die Musik selbst, der eigentliche Grund für das Konzert, tritt wieder in den Vordergrund. Mir persönlich kommt die Erinnerung ohnehin wieder, wenn ich mir den Song nach dem Konzert noch einmal anhöre – dann auch in besserer Qualität als meine verwackelten Handyaufnahmen. Vielleicht ist hier Weniger mal wieder Mehr.