DOK.fest 2020

Festivalleiter Daniel Sponsel im Interview

/ / Bild: Dok.fest München

Eine Woche länger und ausschließlich online – das DOK.fest 2020 wird im Zuge der Corona-Krise zur @home-Edition. Wir haben mit Festivalleiter Daniel Sponsel über die Veränderung durch Corona, das Kuratieren des Programms und seine persönlichen Highlights gesprochen.

Das DOK.fest findet dieses Jahr als @home-Edition statt – was bedeutet das für die „Besucher“ des DOK.fests? Wie kann man die Filme denn jetzt sehen?

Im Prinzip ist der Zugang zum DOK.fest ein identischer wie bisher auch. Man macht das natürlich über die Webseite, wo man sowieso das Programm findet. Die Seite sieht so aus wie bisher, aber wir haben sie modifiziert, denn sowohl der Ticketkauf als auch der Zugang zu den Filmen läuft darüber. Natürlich haben wir im Hintergrund einen Dienstleister der das in diesem Volumen auch stemmen kann, denn es sind doch ordentliche Datensätze und Strukturen die wir auf unserer Webseite und unserem Server nicht direkt installiert haben, sondern auf die wir umlenken. Nur eben direkt embedded auf unserer Webseite. So dass ich als Zuschauer das Gefühl habe, ich bin wirklich beim DOK.fest und schaue die Filme dort – nur eben online.

Corona kam ja sehr spontan für euch: wie war das für das DOKfest-Team? Was hat sich verändert?

Wir machen dieses Jahr keine Retrospektive, weil wir es schade finden, dass wir die Regisseurin Helena Třeštíková nicht vor Ort haben können. Deshalb haben wir die Retrospektive auf das nächste Jahr geschoben. Und wir haben kein Gastland (es wäre Kanada gewesen), auch das haben wir auf nächstes Jahr geschoben. Das sind dann doch Veranstaltungen, die mit Gästen einfach noch mal einen anderen Impetus haben. Ansonsten ist das Programm fast identisch, wir haben von den 159 Filmen, die wir Anfang März ausgewählt haben, jetzt 121 im Programm. Und auch in den Reihen haben wir so strukturiert, wie es bisher allen vertraut und bekannt ist, genau wie die 14 Wettbewerbe, die ganz normal ausgeschrieben sind. Im Endeffekt machen wir jetzt online gar nicht so viel anders.

121 Filme aus 42 Ländern – wie entscheidet das DOK.fest-Team, welche Filme präsentiert werden?

Das Kuratieren des Programms ist ein langwieriger Prozess. Wir beginnen damit Anfang Oktober, da liegen auch die ersten Einreichungen vor. Und dann haben wir Vorkurations-Teams, wir haben dieses Jahr 1100 Einreichungen gehabt, da müssen natürlich Vorsichtungen stattfinden. Und dann gibt es noch viele Redaktionsrunden und Sitzungswochenenden, bis das Programm steht, da wir verschiedene Ansprüche an das Programm haben. Dazu gehört natürlich immer die künstlerische und filmische Qualität sowie die Relevanz der Themen und der Stoffe. Manchmal in Kombination, manchmal aber auch mehr das eine oder das andere. Das ist ja bei verschiedenen Filmen unterschiedlich ausgeprägt und wir wollen eine gewisse Diversität abbilden.

Es gibt diverse DOK.fest-Reihen – inwiefern unterscheiden sich diese?

Es gibt die drei Hauptwettbewerbe: DOK.international, DOK.deutsch und DOK.horizonte. Da haben wir vorwiegend Premieren, Weltpremieren und Deutschlandpremieren. Das ist die Bedingung der Teilnahme an diesen Reihen, auch in der Online-Version. Da sind neue Filme dabei, die in Deutschland erstmals zu sehen sind, hochwertige Filme die so eine Wettbewerbsreihe bietet. Außerdem haben wir natürlich auch die Reihen, wo wir ein breiteres Programm zeigen und auch Filme die dann zum Teil schon auf anderen Festivals oder in Deutschland gelaufen sind, in DOK.panorama und Best Of Fests. Und dann ist uns noch die focus-Reihe besonders wichtig, also die Themenreihe des Themenschwerpunkts, den wir von Jahr zu Jahr haben. Und das ist in diesem Jahr die DOK.focus lasting memories, wo sieben Filme zu sehen sein werden, die als Thema den Holocaust am Ende des Zweiten Weltkriegs haben und Geschichten von Zeitzeugen aus dieser Zeit erzählen.

Gibt es für dich persönlich ein Highlight oder einen Film, auf den du dich besonders freust?

Das ist immer die schwierigste Frage für eine Festivalleitung, weil alle anderen Filme, die ich auch toll finde nicht gehighlightet werden. Deshalb mache ich das immer sehr ungern, aber tatsächlich finde ich unseren Eröffnungsfilm The Euphoria of Being besonders bemerkenswert, weil das einfach ein sehr wichtiger Zeitzeugen Film ist der sehr berührend ist. Der Film erzählt die Geschichte von Éva, die als 90-jährige Frau und Holocaust-Opfer ihre Geschichte in einen Tanz-Theaterstück auf die Bühne bringt. Das ist wirklich sehr bewegend und sehr wichtig, ein intensives Stück Zeit-Zeugnis dieser schwierigen Zeit in Deutschland.

Und worauf freust du dich beim DOK.fest insgesamt am meisten?

Das ist in diesem Jahr natürlich eine schwierige Frage, weil ich mich eigentlich immer auf die Begegnungen und auf die Säle voller Energie freue. Und die Momente, wenn in einem Kinosaal knapp 300 Leute sitzen und dann an bestimmten Stellen alle gemeinsam lachen oder auch mal still sind. Das werden wir alle und auch ich sehr vermissen. Aber ich freue mich darauf, wenn viele Zuschauerinnen und Zuschauer auch dieses neue Angebot wahrnehmen und damit auch ein Statement abgeben. Es geht immer um die Filme und die Themen der Filme, die man im Kino sehen kann, aber eben in diesem Jahr dann auch zu Hause auf dem Bildschirm oder am Laptop. Und wenn es darauf eine Resonanz gibt, dass das viele Leute tun, die sagen wir wollen diese Filme sehen, dann ist es das, worauf wir uns freuen.

Mehr zum DOK.fest und das gesamte Interview mit Festivalleiter Daniel Sponsel gibt es in der aktuellen Ausgabe von unserem Podcast zu hören. Und natürlich hat sich die M94.5-Kinoredaktion ausführlich mit dem diesjährigen Programm vertraut gemacht, um Filmtipps aus aller Welt liefern zu können. Filme streamen könnt ihr unter www.dokfest-muenchen.de.