M94.5 Filmkritik

Emma

/ / Bild: Focus Features

Wäre der Film Emma etwas Essbares, wäre er auf jeden Fall ein pastellfarbenes Sahnetörtchen. Regisseurin Autumn de Wilde, die bisher nur als Werbefilmerin und Fotografin von sich Reden gemacht hat, hat den alten Jane Austen-Stoff auf Hochglanz poliert und bringt mit dem so kreierten Sahneteilchen ihren ersten Kino-Film auf die Leinwand. Herausgekommen ist ein in Wes-Anderson-Farben strahlendes, perfekt arrangiertes Kostüm-Drama mit viel spitzfindigem, britischen Humor – so gar nicht das, was man von einer Jane Austen-Schmonzette erwarten würde.

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Jede Pointe und jede Korkenzieher-Locke sitzt perfekt: Der Trailer zum Film Emma.

Zugegeben: Hierzulande gelten die Romane von Jane Austen für viele eher als besserer Stoff für Downton-Abby- und Rosamunde-Pilcher-Fans. Austens Romane wurden schon mit Keira Knightley und Kate Beckinsale als Herz-und-Schmerz-Kino auf die Leinwand gebracht. Und, erneut, zugegeben: Die Handlung ihres Romans Emma liest sich auch nicht gerade wie ein feministisches Manifest. Die 21-jährige Emma Woodhouse, von Beruf Lieblings-Tochter und Hobby-Kupplerin, lebt alleine mit ihrem Vater auf dem ländlichen Familiensitz in Großbritannien. Sie ist jung, hübsch und klug und liebt es, Ehen zu arrangieren. Und was ist mit ihr? Ans selbst heiraten denkt sie überhaupt nicht, auch wenn ihr die jungen Männer in Scharen Avancen machen. Einen ebenbürtigen Gegenspieler findet sie in einem Freund der Familie, Mr. Knightley. Er macht Emma einen gehörigen Strich durch ihre Kuppelpläne, was sie gewaltig ärgert. Bis es beim Country-Dance-Abend zwischen Emma und Mr. Knightley dann doch zu knistern beginnt…

Alter Stoff in neuem (Pastell-) Gewand

Der Stoff um die junge Emma Woodhouse ist vor über 20 Jahren schon mit der jungen Gwyneth Paltrow verfilmt worden (und auch davor und danach noch viele Male, die Paltrow-Besetzung dürfte aber wohl noch die bekannteste sein). Die damalige Adaption hat es nicht wirklich geschafft, den Status eines filmischen Meisterwerks zu erlangen. Autumn de Wildes’ Regie-Debüt könnte das schon eher gelingen. Die US-Regisseurin hat den Fokus ihrer Adaption nämlich weniger auf die klassische Jane-Austen-Sprache (auch wenn sie diese unverändert belässt) und das wachsende Liebesglück zwischen Emma und Mr. Knightley gelegt.

Viel mehr lässt de Wilde die Blicke und Gesichtsausdrücke ihrer Darsteller*innen für sich sprechen und kreiert so eine unterhaltsame und skurrile Historien-Komödie, bei der man als Zuschauer*in immer wieder überrascht auflachen muss. Dass Autumn de Wilde vom Imagefilm und der Fotografie kommt, ist Emma positiv anzusehen. Perfekt sitzen die pastellfarbenen Empire-Kleider und Hochsteckfrisuren, perfekt sind die Macarons-Türmchen und Petit-Fours für den Afternoon-Tea in Szene gesetzt, perfekt sind die Rosengärten und Buchsbaum-Hecken drapiert. Wie ein Ballet hat Autumn de Wilde ihren Film durchchoreographiert, da sitzt jeder Fingerzeig und jede gehobene Augenbraue. Indem ein so pittoreskes Szenario auf Skurrilität und Witz trifft, entsteht ein spannungsgeladener Gegensatz.

Glorreicher Cast

Hauptdarstellerin und Herzstück des Films ist Anya Taylor-Joy, die letztes Jahr in der Serie Peaky Blinders bereits bewiesen hat, wie perfekt sie die Rolle des blonden Gifts beherrscht. Unterstützt wird Taylor-Joys Spiel von einem Cast junger britischer Schauspieler*innen, die bisher hauptsächlich aus dem britischen Theater- und Serien-Umfeld bekannt sind, u.a. Johnny Flynn (Schauspieler am Globe Theatre), Mia Goth (Black Mirror) und Rupert Graves (Sherlock). Komplimentiert wird der Cast durch Alt-Meister Bill Nighy (Harry Potter-Saga, Fluch der Karibik, Tatsächlich Liebe). Er spielt Emmas neurotischen Vater, den hypochondrischen Mr. Woodhouse, dem ständig kalt ist und der Angst vor Luftzug hat, sodass seine Bediensteten eilig Paravents um den Hausherrn herum drapieren müssen. Nighy sorgt in dieser Rolle allein mit herrlich-minimalen Nuancen seiner Mimik und Gestik für Lacher, allein sein Spiel macht Emma schon zu einer Empfehlung.

Szenen wie Gemälde

Ein Kompliment geht jedoch nicht nur an die guten Darsteller*innen, sondern auch an die Kameraführung von Kelly Reichhardt und die Kinematografie von Christopher Blauvelt. Ihrer Arbeit ist es zu verdanken, dass Emma stets wirkt, als hätte man gerade ein Mode-Magazin aufgeschlagen, in dem geschmackvoll arrangiert die neuesten Trendfarben der Saison (pastell!) präsentiert werden, oder als wandele man durch eine Galerie mit impressionistischen Gemälden. Ihre Arbeit machen Emma nicht nur zu einem sehr unterhaltsamen, sondern vor allem auch einem sehr ästhetischen Kino-Erlebnis.

Emma läuft ab dem 05. März 2020 in den deutschen Kinos.