Urban Gardening

Einfach Reinbeißen

/

Die Stadt München hätte viele Möglichkeiten um gemeinschaftlich genutzte Flächen zu erweitern und grüner zu gestalten. An guten Ideen und Motivation in der Bevölkerung mangelt es nicht. Das zeigt das Buch “Rein ins Grüne, raus in die Stadt”, das jetzt im Buchhandel erhältlich ist.

Ein Herz für den Artenschutz

Nach dem erfolgreichen Volksbegehren zur Artenvielfalt gibt es mittlerweile nirgendwo mehr Wildblumensamen zu kaufen. Alle wollen die Bienen retten und ihre tristen Rasenflächen in knallbunte Blumenwiesen verwandeln. München verändert sich, wird grüner und farbenfroher.

Ein alternativer Stadtführer

Gutes tun für die Insekten, die Stadt begrünen und lebenswerter machen: Darum geht es auch in dem Buch “Rein ins Grüne, raus in die Stadt”, dem Urban Gardening Führer über nachhaltige Gartenprojekte in Deutschland. Autorin und Grünenpolitikerin Renate Künast hat das Buch im Literaturhaus im Gespräch mit Ulrich Maly, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, vorgestellt.

Der alternative Stadtführer verrät wo sich in Deutschland grüne Oasen verbergen

Der alternative Stadtführer erzählt Geschichten der Stadtgärten und den Menschen dahinter. Den LeserInnen wird vorgestellt wie sich ausgewählte und nachhaltige Projekte entwickeln und wo urbane Gärten in ganz Deutschland zu finden sind. “Rein ins Grüne, raus in die Stadt” kann als Reiseführer in offene Gärten verstanden werden, für Touristen und Einheimische gleichermaßen.

Glückliche Stadtbienen

Besonders Bienen profitieren in der Stadt von den grünen Projekten . Die Organisation Green City e.V. bietet beispielsweise Patenschaften für kleine Grünflächen in ganz München an. An Straßenkreuzungen und Grünstreifen entstehen plötzlich Gemüsebeete, die von den AnwohnerInnen gepflegt werden. Dabei sind die Gartenprojekte auch soziale Experimentierfelder, die Menschen miteinander vernetzen. Stadtgärten werden so zu Soziotopen, also Orte der Begegnung. Laut Maly wissen ImkerInnen, dass Stadtbienen sogar gesünder leben als Bienen auf dem Land. Die Stadtbienen können von der Vielfalt an Blumen auf Balkonen und in kleinen Gärten profitieren.

Die Bienenexpertin Michaela Hofmann im M94.5 Interview

Die essbare Stadt

Eine anderes Projekt, das ebenfalls in Renate Künasts Buch vorgestellt wird, ist die essbare Stadt Andernach. Unter dem Motto “Pflücken erlaubt” werden dort auch Führungen angeboten. Begonnen hat alles mit 300 verschiedenen Tomatensorten, die im Jahr 2010 vor dem Schloss angepflanzt wurden – ein Zeichen für die Artenvielfalt. Das Stadtfest hieß in dem Jahr auch “Tomatenfest”. Das Gemüse, das auf den Flächen der Stadt angebaut wird, ist für alle da. Jeder kann kommen und das Essen ernten, es wird sogar dazu aufgerufen. Gepflegt werden die Gärten von ArbeiterInnen der Stadt, aber auch von Langzeitarbeitslosen und freiwilligen HelferInnen. Nach der Initiative in Andernach, hat sich die Idee einer essbaren Stadt mittlerweile verbreitet: es ist ein ganzes Netzwerk entstanden. Städte, die international mitmachen sind beispielsweise Oslo, Maastricht und Havanna. StudentInnen der TU Berlin untersuchen aktuell wie sich solche Projekte auf das menschliche Zusammenleben auswirken.

Die essbare Stadt Andernach ist vielen Städten in Deutschland zum Vorbild geworden.

Schrebergärten 4.0

Im Prinzip funktionieren solche Gartenprojekte ähnlich wie ein Schrebergarten, nur dass es keinen Zaun gibt: Alle Menschen haben Zugang. Es gibt keine jahrelangen Warteschlangen, um endlich sein Eigenreich bepflanzen zu können. Es kann einfach losgelegt werden. Gleichzeitig fragen sich viele Städte ob es Sinn macht, einzelnen Familien Raum für einen Garten zuzusprechen, während die Mieten überall explodieren. Ursprünglich kommen die Urban Gardening Projekte aber nicht aus der Schrebergarten-Siedlung von nebenan, sondern aus den USA, wo in den Suburbs Brachen besetzt wurden. In den armen Vierteln der Vorstädte von Chicago und New York City, haben Menschen angefangen diese Brachen zu bepflanzen. Die Orte fungierten gleichzeitig als soziale Treffpunkte. Man hatte einfach nicht genug Geld, um eine Bar oder ein Café zu besuchen.

Ein Aus für spießige Rasen

Oft haben Städte allerdings Angst, neue Projekte umzusetzen: aus Sorge vor RandaliererInnen. Ein anderes Problem ist: viele Menschen wollen gar nicht, dass die ordentlich getrimmten Rasenflächen auf städtischen Plätzen plötzlich zu wuchern beginnen oder Blätterhaufen und Äste herumliegen. Dabei ist eine wilde Blumenwiese das perfekte Insektenhotel und wenn dazwischen noch ein paar Erbsen sprießen dann bringt das für AnwohnerInnen auch nur Vorteile. Laut Renate Künast muss sich da nicht nur etwas in der Politik ändern sondern auch im Denken der Menschen.

Regional und Saisonal

Ein weiteres Anliegen von Künast ist, dass öffentliche Stellen wie beispielsweise städtische Kindergärten und Schulen vermehrt Essen aus biologischem und regionalem Anbau beziehen und es mehr vegetarische und vegane Optionen auf den Tellern gibt. Warum nicht auch aus einem Stadtgarten, dann ist der Transportweg nicht weit und kann mit dem Lastenrad geschafft werden.

Mitmachen ist kinderleicht!

Der Wandel kommt und es gibt viele gute Ideen, auch aus der Bevölkerung. Friedhöfe werden zu Gärten umfunktioniert, vertikale Gärten an Häuserwänden angebracht und in den Schule wird Stadtkindern aktiv das Gärtnern nahegebracht. “Rein ins Grüne, raus in die Stadt” bietet eine gute Zusammenstellung über urbane Gartenprojekte. Wer sich noch weiter informieren möchte kann das auf http://urbane-gaerten-muenchen.de tun und Projekte zum Mitmachen in der Nähe finden.

Das Buch “Rein ins Grüne, raus in die Stadt” von Renate Künast und Victoria Wegner ist im März 2019 im Callwey Verlag erschienen und kostet 29.95€.