Lesung Prosathek
Ein Abend voller Prosablüten
Die späte Herbstsonne scheint in den schönen Innenhof der Seidlvilla. Zwischen Birnbäumen sitzen noch vereinzelt Menschen und lesen, reden oder entspannen. In dieser malerischen Kulisse in einem der Zimmer der Villa findet heute eine Lesung der Schreibgruppe “Prosathek” statt. Insgesamt sieben junge Autoren haben sich an diesem Abend zusammengefunden, um ihre Texte zu Themen wie Sehnsucht, Fernweh und Liebesdurst vorzutragen. Im Foyer herrscht eine entspannte Atmosphäre. Leises Stimmengewirr erfüllt den Raum, es sind etwa zwei Dutzend Zuhörer, die den Weg zur Lesung gefunden haben.
Elias Vorpahl führt durch den Abend
Entstanden ist die Prosathek, die auf ihrer Website mit einem Augenzwinkern verkündet, dass sie auch Lyrik könne, aus einem Creative-Writing-Seminar an der LMU. „Die gemeinsame Arbeit an Texten stellte sich als so bereichernd heraus, dass wir damit nicht mehr aufhören wollten“, schreiben die Mitglieder online. Zum Glück haben sie es nicht getan. Denn die Texte, die hier dargeboten werden, sind wirklich hörens- beziehungsweise lesenswert. Den Anfang macht Elias Vorpahl, der auch durch den Abend führt. Er liest aus seinem Buch „Der Wortschatz“, in dem er die Geschichte eines Wortes erzählt, das seinen Sinn verloren hat und nun eine Reise durch die Welt der Sprache unternimmt. Seine Ausschnitte geben einen Einblick in eine fantasievolle und sprachgewandte Erzählung, die neugierig auf den weiteren Verlauf macht.
Von Bibelromantik bis Wasserleichenästhetik
Auch die Texte der anderen Autorinnen sind interessant. Dabei sorgt besonders die Diversität der Geschichten für einen unterhaltsamen und kurzweiligen Abend. Auf lustige Texte folgen ernste, nachdenkliche und fremdartige. Während Arina Molchan über eine falsch angekommene Liebesbotschaft an einen Jungpastor schreibt, zeigt uns Sophia Thomsen die ungewöhnliche Sichtweise einer Wasserleiche auf dem Grund eines Sees. Ina Nádasdy wiederum liest einen klug aufgebauten Text über einen Mann, dessen Freundin Anna ihm einredet, zu dick zu sein. Am Ende stellt sich jedoch heraus, dass Anna eine Stimme im Kopf ist und eigentlich für Anorexie steht.
Viel Schönes, aber auch viel auf einmal
Da insgesamt sieben Autor*innen lesen und die Texte von unterhaltsam bis schockierend mit allem Möglichen aufwarten, ist es etwas viel auf einmal. Nicht immer hat man als Zuhörer Zeit, das eben Vorgetragene zu verdauen oder nachklingen zu lassen. Zwar versucht der Moderator mit einigen Informationen über die einzelnen Schriftsteller etwas Zeit zwischen den Vorträgen zu schaffen, das reicht jedoch manchmal nicht ganz aus. Trotzdem hat die Prosathek insgesamt einen sehr schönen Abend geschaffen, von dem man mit Worten erfüllt nach Hause geht.