Kommentar
Die Frage nach dem Warum – Der Amateurfußball und die Wettmafia
Glückspiel kann süchtig machen – Sportwetten boomen. Wetten auf Amateursport sind eigentlich verboten. Datenscouts ermöglichen sie trotzdem im Ausland. Ein Kommentar von Stefan Hans.
Fast alle Profivereine haben Partnerschaften und Sponsoringverträge mit Wettanbietern, Glücksspiellotterien oder Spielbanken. Bundesliga und Champions League werben sogar explizit für Sportwettanbieter. Warum kann ich dann eigentlich nicht auch in den unteren Ligen auf meinen Dorfklub wetten?
Die Antwort ist ganz simpel: Wetten auf Amateursport sind in Deutschland verboten. Über ausländische Anbieter ist es allerdings möglich, auch Wetten auf Spiele unterhalb der drei deutschen Profiligen zu platzieren. Über Unternehmen wie Sportradar, die Daten erfassen und digital verarbeiten, werden Informationen zum jeweiligen Spielverlauf verbreitet.
Datenscouts übermitteln Informationen in Echtzeit
In der Saison 2023/24 schickte das Schweizer Unternehmen “Sportradar” laut Daten des Bayerischen Rundfunks zu mindestens 2.700 Amateurspielen in Deutschland sogenannte Datenscouts. Diese Datenscouts erfassen mit Smartphones die Geschehnisse auf dem Platz und übermitteln sie live. Verschiedene Wettanbieter arbeiten dann mit diesen Daten.
Amateurfußball sollte “wettfreies Gebiet” bleiben
In den unteren Ligen verdienen die Sportler:innen in der Regel wenig bis nichts. Daher sind mögliche Nebeneinkünfte reizvoll, auch weil die Öffentlichkeit nichts davon mitbekommt. Denn wie ein Spiel in der Landesliga ausgeht, das interessiert schließlich nur das eigene Dorf. Und das sollte auch so bleiben. Die Millionengehälter der Profis und das Vermögen, das Fans für Sky, DAZN & Co. ausgeben müssen, ist das eine. Der Amateurfußball sollte davon unberührt bleiben und den Spaß am Kicken und an einem kühlen Getränk nach dem Spiel in den Vordergrund rücken. Und keineswegs einen rein profitorientierten Ergebnisfußball, der durch Wetten auf einzelne Spiele noch mehr befeuert wird!
Vereine sind auf sich allein gestellt
Laut Glücksspielstaatsvertrag von 2021 soll das Verbot von Wetten im Amateurbereich die Integrität des Sports schützen. Beim Deutschen Fußball-Bund ist Vize-Präsident Ronny Zimmermann für den Amateurfußball verantwortlich. Zimmermann sagte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, er wisse nichts von dem internationalen Wettangebot auf deutsche Amateurspiele. Dabei finden sich auch zwei DFB-Sponsoren unter den hierzulande lizenzierten Wettanbietern, die auf ihren internationalen Seiten deutsche Amateurspiele anbieten.
Den Verantwortlichen scheint nicht bewusst zu sein, wie viele Spiele im Amateurfußball tatsächlich betroffen sind. Sie verschließen die Augen. Der DFB behauptet laut BR-Recherchen sogar, dass keine Live-Daten im Amateurfußball erhoben werden.
Dass das nicht stimmt, kann man an der Basis beobachten. Manche Vereine wehren sich mit ihren Möglichkeiten. Amateurklubs machen sich bei ihren Heimspielen gezielt auf die Suche nach Datenscouts und schicken sie vom Sportplatz. So unterbrechen sie den Datenstrom an ausländische Wettanbieter und verhindern die Fortsetzung von Live-Wetten.
Den Wettanbietern geht es nur um eines: Das Geld. Die Vereine sind bei der Bekämpfung des Wettstroms auf sich allein gestellt. Eine Sache sollte aber im Amateurfußball immer im Vordergrund stehen: Der Spaß am gemeinsamen Hobby, losgelöst von den abgehobenen Millionengehältern des Profisports!