Filmkritik
Come on, Come on
Gehört werden…Wir alle wollen gehört werden. Dabei wird aber manchen Gruppen weniger Gehör geschenkt als anderen, dazu gehören auch Kinder und Jugendliche. In Come on, Come on gibt Regisseur und Drehbuchautor Mike Mills ihnen eine Stimme.
Der New Yorker Radiojournalist Johnny, gespielt von Joaquin Phoenix (Joker), arbeitet an einer Reportage, für die er Kinder und Jugendliche in den USA zu ihrer Zukunft befragt. Bei einem Telefonat bittet seine Schwester Viv (Gaby Hoffmann) ihn jedoch auf ihren neunjährigen Sohn Jesse (Woody Norman) aufzupassen, während sie sich um den psychisch kranken Vater des Jungen kümmert. Dadurch kommt Johnny das erste Mal mit dem Thema Elternschaft in Berührung und erkennt schnell was für eine Verantwortung ein Kind mit sich bringt. Auch für den jungen Jesse ist es eine Umstellung das erste Mal länger von seiner Mutter getrennt zu sein und so viel Zeit mit seinem Onkel zu verbringen. Durch ihr beidseitiges Interesse an Tonaufnahmen finden die beiden aber schließlich eine Gemeinsamkeit, die sie einander näher bringt.
Eine Hommage an das Radio im Kino
Auch wenn Come on, Come on zum Medium Film gehört, so legt er sehr viel Aufmerksamkeit auf das Hören. Dies geschieht durch die vielen Gespräche, Telefonate, vorgelesenen SMS, Overvoices und Tonaufnahmen: New Yorker Stadtgeräusche, Selbstreflexionen und Interviews werden mit Johnnys Aufnahmegerät verewigt. All diese Elemente verdeutlichen, wie wichtig es ist nicht nur hinzuschauen, sondern auch hinzuhören. Und das Hinhören lohnt sich bei Come on, Come on die ganzen 108 Minuten. Anfangs braucht man ein bisschen, um in den Film reinzukommen und mit den Charakteren warmzuwerden – aber ist das nicht im echten Leben auch so, wenn man zu einem Menschen eine Verbindung aufbaut?
Durch das schwarz-weiß sind die Emotionen lauter
Der ganze Film ist von Anfang bis Ende in schwarz-weiß gehalten. Was zu Beginn etwas ungewohnt ist, stellt sich als eine der großen Stärken von Come on, Come on heraus. Durch die Reduzierung auf schwarz und weiß werden die Kinozuschauer:innen nicht von Farben abgelenkt. Sie konzentrieren sich auf das Wesentliche: Gespräche und Gefühle. Johnny, Jesse und Viv lernen mit ihren Emotionen umzugehen. Die Zuschauenden lernen mit, aber vor allem fühlen sie mit. Das funktioniert natürlich nur, weil die schauspielerische Leistung aller drei Darsteller:innen herausragend ist und das Drehbuch diese auch zum Vorschein bringt.
“Wenn du an die Zukunft denkst, wie stellst du sie Dir dann vor?”
Während ihrer Reise durch verschiedene Städte in den USA führt Johnny als Radiojournalist Interviews mit Kindern und Jugendlichen. Er stellt ihnen Fragen, die man sonst oft nur Erwachsenen stellen würde. Er gibt ihnen ein Mikro, um von ihren Sorgen, Träumen und der Zukunft zu sprechen. Die Antworten die dabei herauskommen sind intelligent, vorausschauend, emotional und echt. Sie kommen nicht von Schauspieler:innen, die ihr Skript gut umsetzen, sondern von echten Kindern und Jugendlichen aus den USA.
„Ich wusste, dass ich ungestellte Momente mit echten Kindern und Jugendlichen wollte. Es war mir wichtig, das dokumentarische Material nicht nur dazu zu verwenden, die Geschichte von Johnny und Jesse zu erzählen. Der Film sollte aus sich selbst heraus leben und diesen erstaunlichen Menschen, die wir getroffen haben, eine Stimme geben.“
Mike Mills
Come on, Come on ist zweigeteilt. Zum einen sieht man immer wieder Ausschnitte von den ungeskripteten Interviews. Zum anderen beobachten die Zuschauer:innen, wie sich die Beziehung von Johnny und Jesse gemeinsam wie auch individuell weiterentwickelt. Es geht also um das große Ganze, aber auch ums Kleine und beides ist hier gleichermaßen wertvoll. Der Film macht klar, dass es wichtig ist Kindern und Jugendlichen eine Stimme zu geben, und dass es mindestens genauso wichtig ist, dass wir auch zuhören.
Come on, Come on ist ab dem 24. März 2022 in den Kinos zu sehen.