Cane Hill im Interview
Harte Schale, weicher Kern
Der Erfolg für die Nu-Metaller aus New Orleans, USA, geht weiter. Cane Hill haben Anfang 2018 ihr zweites Album Too Far Gone veröffentlicht, nun zeigen sie sich von ihrer anderen Seite.
Im Gespräch mit Cane Hill-Sänger Elijah Witt gewährt uns der Frontmann tiefe Einblicke. Er erklärt, warum die Crowd in Deutschland besonders schwierig zufriedenzustellen ist, warum diese neue softe EP so bedeutend für ihn war und warum Metalsänger oft unterschätzt werden. Das komplette Interview könnt ihr zu Beginn des Artikels oder auch hier in unserer M94.5 Mediathek nachhören.
Der Erfolg für die Nu-Metaller aus New Orleans, USA, geht weiter. Cane Hill haben Anfang 2018 ihr zweites Album Too Far Gone veröffentlicht. Nun steht eine etwas andere EP (Kill The Sun) vor dem Release im neuen Jahr.
Derzeit sind die vier auf großer Europa-Tour mit Bury Tomorrow, 36 Crazyfists und Crystal Lake. Dabei haben sie auch in München im Backstage Werk Halt gemacht. Vor ihrem Auftritt hat sich der M94.5 Magic Moshroom mit dem Cane Hill-Frontmann Elijah Witt zum Interview getroffen. Es ist eine Art Catch-Up, immerhin haben wir uns 2016 schon zu ihrem Debütalbum Smile mit der Band getroffen als sie als Support von Bullet From My Valentine in München waren (Interview von 2016 hier nachhören).
In den vergangen 2 Jahren hat sich allerdings vieles getan: zahlreiche Support-Touren, ihre eigene erste Headliner-Tour in den USA, die Veröffentlichung ihres zweiten Albums Too Far Gone (Januar 2018), im September 2018 haben sie außerdem ihr Live-Album Live From The Bible Belt herausgebracht. Erst kürzlich haben sie einen etwas anderen Song „Kill The Sun“ veröffentlicht. Die gleichnamige EP kommt am 18. Januar 2019 raus und sorgt schon schon für Gesprächsstoff in der Metalwelt. Immerhin zeigen sich Metalheads dabei von ihrer düsteren und vor allem soften Seite – harte Schale, weicher Kern also.
„Das deutsche Publikum ist schwierig zufriedenzustellen!“
Es ist 18 Uhr und wir befinden uns im Backstage Werk in München. Da kommt Elijah Witt gut gelaunt um die Ecke. Und obwohl er mit seiner Nu-Metalband Cane Hill so viel unterwegs ist und er in den vergangen zwei Jahren so viel erlebt hat, erkennt er uns sofort. Locker und vertraut erzählt er, wie sehr er mit seinen Bandkollegen ruhiger geworden ist. Von wegen fette Partys nach den Konzerten, die gibt’s zwar auch noch, aber nur in Maßen, denn sie nehmen ihre Musik und vor allem ihre Live-Shows sehr viel ernster. Das deutsche Publikum ist laut Witt allerdings sehr schwierig zufriedenzustellen.
[01:15]
Witt: „Unsere deutschen Shows laufen jetzt besser als früher. Die Crowd in Deutschland ist gnadenlos, was auch verständlich ist! Wenn ich Geld für ein Konzert ausgeben würde, dann würde ich auch einiges dafür erwarten. Aber das ist gut! Es bedeutet, dass wir uns mehr Mühe geben und es motiviert uns dazu, immer besser zu sein. Sieht auch so aus als ob uns das langsam aber sicher gelungen wäre. Mir ist auch aufgefallen, dass wenn England dich mag, mag dich Deutschland nicht und umgekehrt. Wir haben eine ziemlich große Fanbase in Großbritannien also glaube ich, dass das so der normale Lauf der Dinge ist, dass Deutschland ein bisschen tougher ist für uns. Wir spielen aber auch unsere härtesten Songs in unseren Sets und eben hauptsächlich die vom neuen Album. Scheint auch als würde das hierzulande ganz gut funktionieren.“
„Unsere Fans wachsen mit uns mit“
Das aktuelle Album Too Far Gone ist das zweite Album der Band. Das „große zweite Album“ bringt aber auch immer sehr viel Druck mit. Cane Hill haben das alles aber vor allem durch ihren starken Drogenkonsum vor Album Nummer Zwei ziemlich gelassen genommen. Dieses Mal waren sie sich deshalb komplett sicher, was sie eigentlich tun. Mit Too Far Gone haben sich Cane Hill weiterentwickelt und sind ihrem Voll-auf-die-Fresse-Sound treu geblieben, was auch bei ihren Fans gut angekommen ist.
[03:26]
Witt: „Wir sind sehr stolz WIE unsere Fanbase wächst. Und zwar langsam, aber sicher. Es ist eine Fanbase wo viel Leidenschaft dahintersteckt, die einen besonderen künstlerischen und emotionalen Bezug zu uns und unserer Musik haben. Das haben wir mit Too Far Gone nach Smile geschafft. Wir sind erwachsener und reifer geworden, genau wie unsere Fans. Das ist sehr interessant, eigenartig und irgendwie auch unheimlich. (lacht)“
Und was würdet ihr gerne an Too Far Gone verändern?
[04:28]
Witt: Wenn sich etwas verändert, dann verändern wir es bei unseren Konzerten. Das gibt den Live-Shows auch ein ganz besonderes Feeling und trennt es von den Studioalben. Wir schauen immer nach vorne und nie zurück! Ich finde auch, dass wir bei jedem Konzert besser werden. Unser Live-Album vermittelt auch ein ganz anderes Bild davon, wer wir eigentlich sind. Es ist schön roh, ohne dem klaren Produktions-Schnick-Schnack, das man in einem schönen Studio in LA bekommt. Das sind einfach wir vier, auf einer ekligen Bühne irgendwo im Nirgendwo in Amerika, die wütende Musik für ein Publikum aus Rednecks spielen.“
[05:57]
Witt: Realistisch gesehen gehe ich ja nicht wirklich auf Live-Shows. Ich liebe es AUF der Bühne zu sein und nicht VOR der Bühne. Ich bin der Typ von Konzertgeher, die ich auf unseren Konzerten hasse. Ich würde irgendwo hinten im Eck stehen und die Show genießen. Wenn ich aber auf der Bühne stehe, werde ich immer wütend und schreie diese Leute an, dass sie gefälligst moshen sollen! (lacht).“
Über den Tellerrand blicken
Im November haben Cane Hill auch eine etwas andere Single herausgebracht. „Kill The Sun“ spiegelt die weichere Seite der Nu-Metaller wieder, die man hin und wieder auf ihren Alben schon mal zu hören bekommen hat (zum Beispiel mit „You’re So Wonderful“ oder „The End“).
Hattet ihr denn Bedenken etwas so Anderes zu veröffentlichen?
[06:28]
Witt: „Es war schon sehr nervenzerreißend. Man weiß nie, was die Fans wirklich davon halten werden, wenn man etwas SO anderes macht als sonst. Wenn der Song gut ist, ist es egal, welches Genre es ist. Ob es hart ist oder nicht. Die Leute reagieren auf GUTE Musik. Wenn jemand so engstirnig ist und das nicht einsieht, dann verpasst man leider so einiges. Ich höre alles von Thrash zu Beat Down und Pop zu Elektro-Zeugs. Ich kann von einer Sekunde von Britney Spears und den Backstreet Boys zu Metallica und Pantera gehen. Gute Musik ist einfach gute Musik. Und solange die Emotionen und die Lyrics da sind und man etwas daraus macht…“
„Ich bin besser, wenn ich softe Musik schreibe, bin allerdings in einer Metalband gelandet.“
Was war das schwierigste für euch an dieser der EP „Kill The Sun“, die am 15. Januar 2019 veröffentlicht wird?
[08:13]
Witt: „Ich persönlich finde ja, dass ich besser darin bin, softere Musik zu schreiben als harte – zumindest was Lyrics und Melodien betrifft. Ich liebe harte Musik und denke auch, dass ich gut darin bin, aber ich habe das Gefühl, dass meine Stärken in der weicheren Seite von Cane Hill liegen. Das schwierigste war sicherlich so ehrlich zu sein. Es war schwierig sich so komplett zu öffnen und allen mitzuteilen wo ich mich emotional befunden und wie ich mich gefühlt habe – die Angst, der Schmerz und der Kampf. Es war schwierig über das alles zu reden, über das man eigentlich nicht wirklich reden will. Aber ich hatte das Gefühl, dass es getan werden musste.
„Ich habe zu mir selbst gefunden“
[09:43]
Witt: „Ich war nicht wütend einfach nur unglaublich traurig und wollte mich selbst wiederaufbauen. Das war der Weg um wieder zu mir selbst zu finden. Ich habe mich noch mehr verändert durch den ganzen Schreibprozess der EP, als bei Too Far Gone.
Metal-Vokalisten werden oft unterschätzt!
„Acid Rain“ ist ein ganz besonderer Song: ein Mix aus Alice In Chains, The Weeknd, Drake und Pearl Jam. In diesem Lied, zeigt Witt insbesondere seine Fähigkeiten in den Clear Vocals, generell gibt es auf der EP nämlich kein Gescreame – es wird nur gesungen. Und wie!
[11:13]
Witt: „Das Problem bei Metalbands bei denen viel gescreamed wird ist, dass die Vokalisten oft unterschätzt werden, ob es um ihren Gesang geht oder darum neue Melodien zu erfinden. Wenn man geil screamen kann, ist die Chance verdammt hoch, dass man auch wie ein Engel singen kann! Ich glaube aber auch, dass viele Sänger im Metal-Genre sich selbst unterschätzen. Es war aber einfacher für mich in Clean Vocals zu singen auf der EP. Ich denke, meine Stärken liegen definitiv in der weicheren Musik! Ich bin halt in einer Metalband gelandet und liebe es einfach Leute anzuschreien.
Die EP als künstlerische Spielwiese
[13:00]
Witt: Es war großartig auch diese andere Seite von Cane Hill zu zeigen und diese EP hat möglich gemacht, was wir auf einem ganzen Album nicht machen hätten können. Unsere Alben werden immer sehr Cane Hill-mäßig sein, so wie man uns kennt. Mit der EP kann man einfach Spaß haben und sich künstlerisch austoben! Es ist unglaublich schade, dass dieses Format der EP nur so wenige Künstler nutzen, um auch mal etwas komplett Anderes zu machen.
Abschließend, gibt es irgendwelche Wünsche fürs neue Jahr?
[14:42]
Witt: Einfach weitermachen! Ich denke nicht zu sehr voraus oder zurück. Früher habe ich das gemacht, aber heute versuche ich zu genießen wo ich hier und jetzt gerade bin!
Die neue EP Kill The Sun erscheint am 18. Januar 2019 und zeigt Cane Hill von ihrer soften Seite. Eine EP, die Metalheads als künstlerische Spielwiese genutzt haben und ihre tiefsten Gedanken in wundervolle Melodien verpackt. Und das ganz ohne Scream-Parts! Ein starker Grund, um sich auf das neue Jahr zu freuen, denn diese Mini-Platte wird bestimmt ein Meilenstein in ihrer Karriere.