#boycottmulan
Blockbuster-Boykott
Der Disney-Klassiker Mulan gehört zu den bekanntesten Zeichentrickfilmen der 90er-Jahre. Doch das Remake mit realen Darsteller*innen, das seit einiger Zeit auf Disney+ zu sehen ist, wird seit Beginn der Produktion von einer Welle der Empörung überschattet. Viele werfen dem US-Konzern Ignoranz gegenüber den Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in China vor, und auch Hauptdarstellerin Liu Yifei geriet bereits ins Kreuzfeuer.
Disney steht bei vielen für familienfreundliche Unterhaltung, die für alle Altersgruppen geeignet ist und jeden berührt. Jedenfalls ist es dieses Image, das sich der Mega-Konzern für seine öffentliche Wahrnehmung wünscht. Doch obwohl Disney alles daransetzt, das Bild der unpolitischen und herzlichen Traumfabrik aufrechtzuerhalten, werden besonders in den letzten Jahren immer mehr Stimmen laut, die dem Unternehmen schwere Vorwürfe machen. Den Höhepunkt dieser Vorwürfe stellt jetzt der Shitstorm um Disneys Neuverfilmung des Kinderfilms Mulan dar, der sowohl dem Konzern als auch den Darsteller*innen gilt.
Protest wegen Protesten
Den Anfang nahmen die Vorwürfe bereits im Sommer 2019, als Mulan – Hauptdarstellerin Liu Yifei auf der chinesischen Social-Media-Plattform Weibo ihre Unterstützung für die Hongkonger Polizei offenkundig machte. Das von ihr geteilte Bild mit der Unterschrift “I support Hong Kong’s police, you can beat me up now.” kommentierte Yifei selbst noch mit “What a shame for Hong Kong.” Die Reaktionen auf den kontroversen Post ließen nicht lange auf sich warten. Schon damals wurde von Menschenrechts-Aktivist*innen und Mitgliedern der Hongkonger Demokratiebewegung der Boykott des Films gefordert.
Und als wäre dieser Skandal noch nicht genug, sorgte nun Disney selbst kurz nach dem Release des Film für weitere Negativschlagzeilen: Im Abspann von Mulan dankt der US-Konzern den Sicherheitsbehörden der chinesischen Region Xinjiang, in der ein Großteil des Films gedreht wurde. Diese Danksagungen sind insofern problematisch, als die Regierung in Xinjiang seit Jahren mit großer Brutalität gegen die dortige muslimische Minderheit der Uiguren vorgeht. Laut Einschätzungen von Aktivist*innen wurden rund eine Millionen Menschen in der Provinz verschleppt, zum Teil zwangssterilisiert und ihres Eigentums beraubt. Dass allem Anschein nach nicht weit entfernt von Massenlagern der chinesischen Behörden die Dreharbeiten zu Mulan stattgefunden haben, ist für viele ein weiteres Indiz für Disneys bewusste Ignoranz gegenüber Menschenrechtsverletzungen.
Dass der chinesische Filmmarkt für Hollywood immer wichtiger wird, ist schon seit Jahren kein Geheimnis mehr. So versuchen große Studios sowohl in der Auswahl des Settings als auch beim Casting der Filme ihre Produktionen stärker an die chinesischen Konsument*innen anzupassen. Dabei versucht Hollywood es nicht nur dem Publikum, sondern auch den Behörden recht zu machen.
Wie heftig und radikal die chinesische Regierung selbst mit fast lächerlicher “Kritik” umgeht, zeigt das Beispiel “Christopher Robin”. Der Winnie-Puh Film aus dem Jahr 2018 wurde in China von offizieller Seite verboten, da im Internet einige Memes kursierten, die Staatschef Xi Jinping mit dem Plüschbären verglichen. Aber auch in anderen Bereichen als der Filmbranche greift das kommunistische Regime hart durch. So erschütterte im Herbst letzten Jahres die sogenannte “Blitzchung-Kontroverse” die Gaming-Szene, bei der ein professioneller Spieler sich während eines Turniers positiv über die Proteste in Hongkong äußerte.
Kommerz über Menschenrechte?
Dass die vielen Aufrufe zum Boykott nun tatsächlich negative Auswirkungen auf den Erfolg des Films haben werden, ist eher unwahrscheinlich. Denn besonders unter der chinesischen Bevölkerung finden sich viele, die die Kritik als unberechtigt und den Boykott als westliche Propaganda empfinden, welche Chinas Ruf zu schädigen versucht. Doch sollte die Diskussion um das Unternehmen anhalten, muss sich Disney irgendwann entscheiden, welchen Weg sie lieber gehen wollen: entweder den Ruf als integrer Konzern wenigstens einigermaßen wiederherzustellen und das westliche Publikum zu behalten oder eine Entertainment-Marionette der Republik China zu werden.